Streit um Transitzonen in der Koalition

epd-bild/Christian Ditsch
Flüchtlinge in der Erstaufnahmestelle Eisenhüttenstadt.
Streit um Transitzonen in der Koalition
Auch das Asylpaket der Bundesregierung bleibt umstritten
In der Frage von Transitzonen für Flüchtlinge an den Grenzen zeigt sich die Koalition uneins. Auch die von der Bundesregierung geplanten Verschärfungen für Asylbewerber sorgen weiter für Diskussionen.

Berlin (epd)Die Forderung der Union, Transitzonen für Flüchtlinge an der deutschen Grenze einzurichten, sorgt für Streit in der Koalition. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wies den Vorschlag am Montag als "praktisch undurchführbar" zurück. Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hatte zuvor erklärt, er rechne bis zur kommenden Woche mit einer Entscheidung über die Einführung von Transitzonen. Dort soll in schnellen Verfahren über die Asylgesuche entschieden und bei Ablehnung bereits von dort abgeschoben werden.

Flüchtlingskoordinator Altmaier betonte im ZDF-"Morgenmagazin", angesichts des großen Flüchtlingsandrangs dürfe keine Möglichkeit ausgeschlossen werden, die Asylverfahren zu beschleunigen. Dagegen sagte Justizminister Maas der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe), "Zehntausende Flüchtlinge an der Grenze in Haft zu nehmen, schafft mehr Probleme als es löst".

"Kürzung verfassungswidrig"

Wer Transitverfahren einfach von Flughäfen auf Landesgrenzen übertragen wolle, schaffe "Massenlager im Niemandsland", sagte der Justizminister. Nach den Worten von Maas wären das "keine Transitzonen, sondern Haftzonen". Altmaier betonte unterdessen, die Transitzonen seien keine deutsche Erfindung, sondern in einer EU-Richtlinie ausdrücklich vorgesehen.

Auch die von der Bundesregierung geplanten Verschärfungen für Asylbewerber sorgen weiter für Diskussionen. Bei einer Anhörung im Innenausschuss des Bundestags zum Asylpaket der Bundesregierung ließen Experten am Montag vor allem Zweifel an den geplanten Einschränkungen bei den Sozialleistungen erkennen.

Die komplette Kürzung für abgelehnte Asylbewerber sei verfassungswidrig, sagte die Juristin Nele Allenberg aus dem Büro des Bevollmächtigten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin. Durch die geplante Rückkehr zum Vorrang für Sachleistungen würden Flüchtlinge ihr Mindestmaß an Selbstbestimmung verlieren.

Betroffene präzisieren

Im Asylpaket, das noch in dieser Woche von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden soll, ist festgelegt, dass "vollziehbar ausreisepflichtige" Ausländer, die aus eigener Schuld noch nicht das Land verlassen haben, keine Sozialleistungen mehr bekommen sollen. Nach Auffassung der Union wird damit ein Anreiz, nach Deutschland zu kommen, beseitigt. Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen sollen zudem künftig kein Bargeld, sondern wieder vorrangig Sachleistungen erhalten.

Claudius Voigt vom Paritätischen Wohlfahrtsverband kritisierte, damit würden mühselig errungene Verbesserungen wieder kassiert. Auch er warf der Regierung bei den Kürzungsplänen Verfassungsbruch vor und verwies dabei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das für Asylbewerber ähnlich hohe Leistungen wie für andere Bedürftige einfordert. Der Rechtsanwalt und frühere SPD-Abgeordnete Dieter Wiefelspütz nannte die Pläne "kleinkariert". Sogar in Gefängnissen erhielten die Menschen Taschengeld, sagte Wiefelspütz, der als Sachverständiger geladen war.

Der Rechtsprofessor Daniel Thym entgegnete, mit dem Vorwurf des Verfassungsbruchs mache man es sich zu einfach. Er halte die geplanten Maßnahme für gerechtfertigt, da das Schutzniveau der Betroffenen ein anderes sei als bei Flüchtlingen, die auf Dauer bleiben. Allerdings müsse präzisiert werden, wer genau von Kürzungen betroffen sein werde, ergänzte Thym.

Geteiltes Echo

Aus dem Entwurf gehe zum Beispiel nicht eindeutig hervor, ob auch Geduldeten und sogenannten Dublin-Fällen Kürzungen drohten. Besonders in heiklen Punkten wie diesem müsse der politische Wille klar formuliert werden, sagte der Professor für öffentliches Recht. Sonst würde dies an die Gerichte verlagert. In Dublin-Fällen ist ein anderer EU-Staat für die Versorgung des Flüchtlings zuständig. Das Bundesinnenministerium hatte nach ersten Protesten erklärt, diese Flüchtlinge sollten nicht von den Kürzungen betroffen sein.

Auch die im Asylpaket vorgesehene Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten um Albanien, Montenegro und Kosovo sowie Verschärfungen bei Abschiebungen stießen in der Anhörung auf geteiltes Echo. Die überwiegende Mehrheit der Sachverständigen begrüßte allerdings das Ziel des Gesetzespakets, Asylverfahren zu beschleunigen.