EU-Parlamentspräsident fordert legale Zugangswege nach Europa

EU-Parlamentspräsident fordert legale Zugangswege nach Europa
Vor dem Sondergipfel in Brüssel appelliert der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, an die EU-Staaten, Lösungen für die Flüchtlingskrise zu finden.

Für die Flüchtlingspolitik seien die nationalen Regierungen zuständig, sagte der SPD-Politiker dem ARD-"Morgenmagazin" am Donnerstag. "Die schaffen seit vielen Jahren nicht, sich auf gemeinsame Standards zu einigen", kritisierte er: "Und das ist eine der Ursachen für die Katastrophen." Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte an die EU, entschlossene Aktionen zur Verhinderung weiterer Bootstragödien zu ergreifen. Am vergangenen Wochenende waren bei dem bisher schlimmsten Flüchtlingsunglück im Mittelmeer mindestens 800 Menschen ertrunken.

Schulz sprach sich unter anderem für legale Zugangswege nach Europa aus. Wenn jemand die Chance erhalte legal einzuwandern, sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass er sich einem Schlepper ausliefere, betonte der Sozialdemokrat. Das wäre ein "Prinzip der Hoffnung", das das bisherige "Prinzip der Hoffnungslosigkeit" ersetzen würde.

Der Parlamentspräsident forderte zudem eine Neuauflage des ausgelaufenen italienischen Seenotrettungsprogramms "Mare Nostrum" auf europäischer Ebene. Schlepperbanden sollten daran gehindert werden, Flüchtlinge auf hohe See zu bringen und sie ihrem Schicksal zu überlassen: "Dazu brauchen wir mehr Präsens von Schiffen."

Ban äußerte sich am Mittwochabend in New York erschüttert über die jüngste Bootskatastrophe. "Die Zahl der Menschen, die sterben, ist wirklich schockierend." Die humanitäre Tragödie zeige erneut die Notwendigkeit, sich um das Schicksal der Migranten zu kümmern. Er sei froh, dass die EU-Staats- und Regierungschefs sich mit dem Thema auseinandersetzen wollen. 

Amnesty kritisiert vor Sondergipfel neues Flüchtlingskonzept

Amnesty International kritisierte das neue Flüchtlingskonzept der Europäischen Union. "Die Pläne, welche die Staats- und Regierungschefs auf ihrem Sondergipfel am Donnerstag in Brüssel beraten, sind allein motiviert von Sicherheitspolitik und Kriminalitätsbekämpfung und nicht von Menschenrechtspolitik", sagte die Direktorin des EU-Büros von Amnesty, Iverna McGowan, der "Berliner Zeitung" (Donnerstagsausgabe).

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten wollen am Nachmittag in Brüssel über ein Zehn-Punkte-Programm von EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos beraten. Es sieht unter anderem einen verstärkten Kampf gegen Schlepperorganisationen vor. "Das ist ein rein militärischer Ansatz und kein Ersatz für eine angemessene Flüchtlingspolitik", sagte McGowan und forderte: "Die EU braucht ein angemessenes Seenotrettungsprogramm."

Auch vor der möglichen Einführung von Asylzentren in Nordafrika warnte McGowan. "Mir ist nicht klar, wie die EU in solchen Zentren ein rechtstaatliches Verfahren garantieren will, noch nach welchem Recht dort über Asylanträge entschieden werden soll", sagte sie.

Auch der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin lehnt den Vorschlag ab, in Nordafrika sogenannte Willkommenszentren einzurichten. Dem Radiosender Bayern2 sagte er: "Ich finde, solche Quatschvorschläge sollte man besser unterlassen." Libyen sei ein gescheiterter Staat - "da richten Sie keine Asylzentren ein".  Im Übrigen sei absehbar, dass Flüchtlinge, die in einem solchen Asylzentrum abgelehnt werden, erneut die Flucht über das Mittelmeer Richtung Europa versuchen.