"Pegida": 170.000 Unterschriften gegen islamfeindliche Bewegung

"Pegida": 170.000 Unterschriften gegen islamfeindliche Bewegung
Die islamfeindliche "Pegida"-Bewegung löst unvermindert heftige Diskussionen aus. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, sagte, man müsse den Demonstranten klar machen, dass ihre Ängste unbegründet seien. Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl zeigte sich zu Gesprächen mit der Bewegung bereit. Unterdessen entwickelt sich eine Online-Petition gegen "Pegida" zum Internethit: Bis Sonntagnachmittag wurden 170.000 Unterschriften gezählt.

Der Aufruf "Für ein buntes Deutschland" war am Tag vor Heiligabend von einem Privatmann aus Hannover, Karl Lempert, auf change.org gestartet worden. Sein Ziel sind eine Million Unterschriften. "Die Aktion geht derzeit durch die Decke", sagte change.org-Deutschlandchef Gregor Hackmack dem epd. Die Organisation stellt die Plattform für Online-Petitionen zur Verfügung. Unklar ist bisher allerdings, wie mehrfache Stimmabgaben verhindert werden können.

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In Lemperts Aufruf heißt es: "Jetzt ist die Zeit zu bekennen, dass 'Wir sind das Volk!' unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion oder was auch immer gilt und weiter gelten muss." Eine solch deutliche Unterstützung von Internet-Petitionen gebe es "sehr selten", sagte Hackmack. Es handele sich um eine Initiative, "die sehr stark mobilisiert". Viele Menschen hätten offenbar ein Ventil gesucht, um zu zeigen, dass sie nicht hinter "Pegida" stünden.

Seit Oktober protestieren die sogenannten "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) in Dresden und andernorts gegen eine vermeintliche Islamisierung Europas und die deutsche Flüchtlingspolitik. An der jüngsten Versammlung nahmen kurz vor Weihnachten 17.500 Menschen teil. Die nächste Kundgebung ist für 5. Januar geplant. An diesem Montag soll es keine Demo geben - aus Rücksicht auf den "Weihnachtsfrieden", wie es hieß.

Bedford-Strohm nannte es "unerträglich, wenn Menschen da auf die Straße gehen gegen noch Schwächere". Dies müsse man klar verurteilen. Es reiche allerdings nicht aus, "einfach dagegen zu schießen", fügte der bayerische Landesbischof hinzu. Der Ratschef sprach sich für "Begegnungsräume" mit Zuwanderern aus, bei denen "Menschen wirklich Flüchtlinge kennenlernen". Landesbischof Bohl will den Dialog mit den Demonstranten suchen. "Für uns als Kirche ist es selbstverständlich, dass wir dazu bereit sind und wir können uns auch vorstellen, Angebote zu unterbreiten", sagte er. Vorstellbar sei ein Forum nach Art des "Runden Tisches".

Aufrufe: Dialog mit "Pegida"

Zuvor hatten sich auch mehrere Politiker für einen Dialog mit "Pegida" ausgesprochen. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Safter Cinar, kritisierte die Gesprächsangebote deutlich. "Was für ein Dialog ist gemeint: Sollen wir den Demonstranten sagen, dass Muslime auch Menschen sind?" sagte er dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". Wer hier für Verständnis plädiere, bestärke die Anhänger der Bewegung.

Die Hilfsorganisation Pro Asyl warnte davor, die Flüchtlingspolitik an rechtspopulistischen Strömungen auszurichten. "Wer nach rechts schielt und seine Politik danach ausrichtet, leitet Wasser auf die Mühlen der Rechten", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Die Bundesregierung müsse einer "deutschnationalen Stimmungsmache" entschieden entgegentreten. Die Regierungsbeauftragte für die neuen Bundesländer, Iris Gleicke, rief die Wirtschaft zu einem stärkeren Engagement gegen Rechtspopulismus und Fremdenfeindlichkeit auf.

Der Publizist Jürgen Todenhöfer geht davon aus, dass sich die Terroristen vom "Islamischen Staat" (IS) über "Pegida" freuen. "Eine Eskalation treibt ihnen neue Kämpfer zu", sagte er. Die antimuslimische Bewegung spiele das Spiel der IS, "natürlich ungewollt". Todenhöfer hatte jüngst im Irak und in Syrien zahlreiche deutsche Islamisten getroffen. Unionspolitiker warnten am Wochenende erneut vor einer Gefahr durch nach Deutschland zurückkehrende Dschihadisten.