Josef Schuster ist neuer Präsident des Zentralrats der Juden

Josef Schuster
Foto: epd/Thomas Lohnes
Josef Schuster
Josef Schuster ist neuer Präsident des Zentralrats der Juden
Der 60-jährige Arzt aus Würzburg wurde bei der Ratsversammlung des Zentralrats der Juden in Deutschland am Sonntag in Frankfurt am Main erwartungsgemäß zum Nachfolger von Dieter Graumann gewählt.

Graumann stand nach vier Jahren als oberster Repräsentant der deutschen Juden nicht mehr für eine zweite Amtszeit zur Verfügung. Schuster ist Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde in Würzburg und Unterfranken sowie Präsident der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Seit 2010 war er Vizepräsident des Zentralrates.

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1954 im israelischen Haifa geboren, kam Josef Schuster als Kleinkind nach Unterfranken zurück, wo seine Familie seit Jahrhunderten lebte. Sein Vater David initiierte den Neubau der Würzburger Synagoge, 1970 wurde sie eingeweiht. In den 90er Jahren wuchs die jüdische Gemeinde in Würzburg von ungefähr 200 Mitgliedern auf mehr als 1.000 - wegen der jüdischen Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Die Integration der Spätaussiedler ins Gemeindeleben war Josef Schuster ein Herzensanliegen.

In der Würzburger Innenstadt betreibt der Arzt seit 1988 eine internistische Praxis. Auch außerhalb der jüdischen Gemeinschaft engagiert sich Schuster: Der verheiratete Vater von zwei Kindern ist Mitglied der Bioethikkommission und des Zukunftsrates der bayerischen Staatsregierung, seit Jahren übernimmt er ärztliche Not- oder Bereitschaftsdienste an christlichen Feiertagen.

Deutliche Kritik in moderatem Ton

Den 60-Jährigen drängt es nicht in die Öffentlichkeit - und er lässt sich auch nicht dorthin drängen. Er meldet sich nur dann zu Wort, wenn er es für nötig hält. Nach den israelfeindlichen Kundgebungen im Sommer sagte Schuster, jeder dürfe gegen die Politik Israels demonstrieren. Er erwarte aber "von rechtschaffenen Bürgern, dass sie eine solche Demonstration verlassen, wenn antisemitische Parolen gegrölt werden".

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Während der Beschneidungsdebatte kritisierte Josef Schuster, dass einzelne Themen als Vorwand für einen grundsätzlichen Antisemitismus genutzt würden. Es sei gefährlich, dass antijüdische Vorurteile mit Begründungen wie "Man wird doch mal sagen dürfen ..." auch auf Champagner-Empfängen wieder "salonfähig werden", sagte er 2012.

Nach Bekanntwerden der NSU-Mordserie kritisierte er die Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes massiv, weil diese Ermittlungen im rechten Spektrum "nicht mit der gleichen Konsequenz" führten wie in anderen Milieus. Auch wenn die Ermittler vielleicht auf ihren rechten Augen nicht ganz blind seien, so bedürfe es "zumindest einer Verbesserung der Sehschärfe auf dem rechten und antisemitischen Auge", sagte Schuster nach dem Überfall auf einen Berliner Rabbiner.

Stellvertreter sind Mark Dainow und Abraham Lehrer

Auch beide Stellvertreter-Posten im Zentralratspräsidium wurden am Sonntag neu besetzt, mit Mark Dainow (66) aus der Jüdischen Gemeinde Offenbach und Abraham Lehrer (60) aus der Synagogen-Gemeinde Köln. Der bisherige Vizepräsident Salomon Korn (71) hatte nach elf Jahren als Vizepräsident nicht mehr für ein Spitzenamt kandidiert. 

Der Zentralrat der Juden in Deutschland vertritt nach eigenen Angaben rund 101.000 Mitglieder. Sie gehören zu 108 jüdischen Gemeinden in 23 Landesverbänden.