Ethikrat ringt um Position zur Sterbehilfe

Ethikrat ringt um Position zur Sterbehilfe
Die Politik scheint sich weitgehend einig, organisierte Sterbehilfe verbieten zu wollen. Der Ethikrat ist da vorsichtiger. Das Gremium ringt noch um eine eindeutige Position.

Im Deutschen Ethikrat gibt es Skepsis über zu starke gesetzliche Regulierungen des ärztlich assistierten Suizids. "Die eine gute Lösung" gebe es nicht, sagte die Gremiumsvorsitzende Christiane Woopen in einer öffentlichen Sitzung zum Thema am Donnerstag in Berlin. Alle Möglichkeiten hätten aus ethischer Perspektive Vor- und Nachteile.

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Das Gremium hatte sich angesichts der politischen Debatte um ein Verbot von Sterbehilfe-Organisationen das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Die Mitglieder beleuchteten ethische und rechtliche Aspekte der Beihilfe zur Selbsttötung, die in Deutschland nicht strafbar ist. Auf dieser Rechtsgrundlage bieten einzelne Organisationen und Einzelpersonen Assistenz beim Suizid an.

Woopen sagte, ihr werde "unbehaglich, wenn die intime Situation des Sterbens rausgeholt wird in das Licht der Öffentlichkeit". Was in den letzten Lebensstunden passiere, obliege nur den Beteiligten.

Große Skepsis gab es im Ethikrat gegenüber der Idee einer Gruppe im Bundestag um den SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) und Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU), Ärzten die Beihilfe zum Suizid per Gesetz zu erlauben, obwohl das Standesrecht dies ausschließt. Die Medizinerin und Gremiumsmitglied Christiane Fischer wehrte sich vehement gegen Versuche, solch einen Anspruch gegenüber Ärzten zu entwickeln. Sie seien die denkbar schlechtesten für diese Aufgabe, sagte Fischer.

Mehrere Mitglieder, darunter der Psychotherapeut Michael Wunder, der Arzt Eckhard Nagel und der Augsburger Weihbischof Anton Losinger warnten davor, die Freiverantwortlichkeit eines Suizidwilligen zu leicht einzuschätzen.

Der Sozialethiker Peter Dabrock appellierte, in der Debatte um ärztlich assistierten Suizid Angehörige, Ärzte oder Menschen in ähnlicher Situation nicht aus dem Blick zu verlieren. Sie seien ebenfalls betroffen von der Entscheidung eines Suizids, sagte er.

Ablehnend äußerte sich eine Mehrheit der Mitglieder über Sterbehilfe-Vereine, die mit der Beihilfe zum Suizid Geld verdienen. Der Strafrechtler Reinhard Merkel, der sich grundsätzlich skeptisch zu einem Verbot organisierter Beihilfe zum Suizid äußerte, sagte, ein Verbot von auf Profit orientierten Organisationen könne er sich vorstellen. Auch hier stehe die Frage nach der tatsächlichen freiverantwortlichen Entscheidung im Vordergrund. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass durch ein Gewinninteresse subtiler Druck auf einen Patienten ausgeübt werde. 

Nach vierstündiger Debatte fand der Ethikrat noch nicht zu einer eindeutigen Position. Die Runde wollte am Donnerstag weiter in nicht-öffentlicher Sitzung beraten. Ob es danach eine mehrheitliche Empfehlung geben könnte, blieb zunächst offen.