Generalvikar: Haben Problem bei Kirchensteuer unterschätzt

Generalvikar: Haben Problem bei Kirchensteuer unterschätzt
Erstmals hat auch ein Vertreter der katholischen Kirche Informationsdefizite beim neuen Einzugsverfahren für die Kirchensteuer auf Kapitalerträge eingeräumt.

Man habe "die Probleme wohl unterschätzt" und "ein stillschweigendes Einverständnis für die Veränderung angenommen", sagte der Generalvikar der Diözese Münster, Norbert Kleyboldt, der Bistumszeitung "Kirche + Leben" (Ausgabe 24. August). Nach seinen Angaben ist auch im Bistum Münster die Zahl der Kirchenaustritte in den vergangenen Monaten gestiegen. Das lasse sich eindeutig mit der steuerrechtlichen Veränderung in Verbindung bringen. Konkrete Austrittszahlen nannte Kleyboldt nicht.

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Die Kirchensteuer auf Kapitalerträge wird ab 2015 nicht mehr mit der Steuererklärung fällig, sondern direkt von den Banken abgezogen. Entsprechende Mitteilungen der Geldinstitute hatten in mehreren evangelischen Landeskirchen zu deutlich erhöhten Kirchenaustrittszahlen geführt. Der Leiter der Finanzabteilung im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Thomas Begrich, bedauerte Kommunikationsmängel im Zusammenhang mit der Neuregelung.

Kleyboldt sagte, viele Menschen fürchteten offenbar, es werde eine neue Steuer eingeführt. Tatsächlich ändert sich nichts an der bisherigen Steuerhöhe. Zudem gibt es Freibeträge: Kirchensteuer auf Zinsen oder Dividenden wird erst ab einem Ertrag von jährlich 801 Euro für Ledige und 1.602 Euro für Verheiratete erhoben.

"Das hält der Staat für gerecht, das sieht die Kirche ebenso"

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) warnte unterdessen die Kirchen davor, die Schuld für die Austrittswelle bei den Geldinstituten zu suchen. "Den Bankberater zum Sündenbock zu machen, ist zu einfach", sagte er der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit". Der Vorstoß zur automatischen Besteuerung der Kapitaleinkünfte sei eindeutig von den Kirchen ausgegangen. Die Banken hatten ihre Kunden vor einigen Monaten über die bevorstehende Änderung informiert.

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Walter-Borjans sagte, die Neuregelung sei "nur der Anlass und nicht der Grund" für die gestiegenen Austrittszahlen. Viele Christen fühlten sich offenbar mit der Amtskirche nicht mehr verbunden. Der Minister warnte die Kirchen, als Reaktion auf die Austritte ihre eigenen Werte über Bord zu werfen. "Sie müssen das Gleichgewicht finden zwischen glaubwürdiger Prinzipientreue und zeitgemäßem Auftreten", empfahl Walter-Borjans.

Kleyboldt verteidigte die Kirchensteuer auf Kapitalerträge. So wie der Lohn besteuert werde, gehöre auch der Zinsertrag besteuert. "Das hält der Staat für gerecht, das sieht die Kirche ebenso", sagte der Generalvikar. Die Kirche setze ihre Finanzmittel "verantwortungsvoll zum Wohl der Menschen ein, für kirchliche Einrichtungen, ob im Sozialbereich, im Erziehungswesen, bei Schulen und Kindergärten". Das sei offensichtlich von der Gesellschaft gewollt.