Die Mindesthaltbarkeit ist kein Wegwerf-Termin

Die Mindesthaltbarkeit ist kein Wegwerf-Termin
Die Deutschen werfen zu viele Lebensmittel weg, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Das ist teuer und oft völlig unnötig. Die Bundesverbraucherministerin will das jetzt ändern. Einen besseren Namen für das "MHD" hat aber noch keiner gefunden, obwohl es eben nicht ein "Wegwerfdatum" ist.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hat am Montag eine Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung gestartet. In rund 21.000 deutschen Supermärkten sollen mehr als vier Millionen Flyer und Informationskarten verteilt werden, die die Verbraucher über das Mindesthaltbarkeitsdatum aufklären sollen, teilte das Bundesverbraucherministerium in Berlin mit. "Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Wegwerfdatum", betonte Aigner.Ein Anliegen der Kampagne ist es auch, den Unterschied zum "Verbrauchsdatum" für leicht verderbliche Ware wie Hackfleisch klarzumachen, nach dessen Ablauf ein Produkt nicht mehr verspeist werden darf.

Nach einer in der vergangenen Woche vorgestellten Studie im Auftrag des Ministeriums wirft jeder Bundesbürger im Schnitt rund 82 Kilogramm Lebensmittel im Jahr weg. Oftmals ist der Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) der Grund. Dabei sei es eine Orientierungshilfe, betonte Aigner. "In der Regel ist ein Produkt auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch mehrere Tage bestens genießbar", sagte die Ministerin.

Kleinere Verpackungen für Singles würden schon helfen

In der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ist geregelt, was das MHD eigentlich angeben soll. Es bezeichnet den Zeitpunkt, "bis zu dem ein Lebensmittel unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen Eigenschaften behält". Das meint etwa Geschmack, Geruch, Farbe, Konsistenz und Nährwert in der ungeöffneten Packung. Der genaue Tag muss in wenigstens zwei Millimeter großer Schrift aufgedruckt werden, außer bei besonders langlebigen Produkten. Da reicht eine Angabe wie "mindestens haltbar bis Ende 07/2013". Obst, hochprozentiger Alkohol oder Zucker sind von der Pflicht zum MHD ausgenommen.

[listbox:title=Mehr im Netz[Pressemitteilung von Ministerin Ilse Aigner##Verbraucherzentralen zum Thema Mindesthaltbarkeitsdatum##Der Flyer des Ministeriums (PDF)##Die "CheckKarte" zum Ausdrucken (PDF)]]

Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie begrüßte die Kampagne gegen die Verschwendung von Lebensmitteln. Hauptgeschäftsführer Matthias Horst betonte zugleich in Berlin, dass seine Branche an der Optimierung von Verpackungsmittelgrößen arbeite. Die Verbraucherschutz-Expertin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Nicole Maisch, unterstützt diese Forderung: Es müsse auch für Single-Haushalte möglich sein, bedarfsgerecht einzukaufen, sagte sie. Zudem sei bei der Verhinderung von Verschwendung der Handel in der Pflicht, da viele Lebensmittel bereits weggeworfen würden, bevor sie überhaupt in den Laden kämen. Wenn viele Lebensmittel ohnehin noch nach dem Datum gut genießbar seien, müsse man auch fragen, ob das Datum überhaupt sinnvoll gewählt sei.

Einen besseren Namen hat noch keiner gefunden

Ob es einen treffenderen Begriff als "Mindesthaltbarkeitsdatum" gibt, ist umstritten. Manche Experten warnen, das MHD werde zu oft als Wegwerffrist verstanden. Der Vorsitzende des Verbraucherausschusses im Bundestag, Hans-Michael Goldmann (FDP), schlug daher schon zwei andere Angaben für die Packung vor: "voller Genuss bis zum Tag X und essbar bis zum Tag Y". Die Formel "mindestens haltbar bis" sei eigentlich klar, meinen dagegen Handel und Hersteller. Das sieht auch Aigner so.

Das zweiwöchige Redaktionsblog zum Thema Lebensmittelverschwendung vom August 2011: "Frisch in die Tonne"

Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag des Ministeriums beeinflusst die aktuelle Diskussion um Lebensmittelverschwendung das Verhalten der Verbraucher: 19 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihrem Umgang mit Nahrungsmitteln bereits geändert haben. 81 Prozent haben von der Diskussion über das Mindesthaltbarkeitsdatum gehört oder gelesen. Das Meinungsforschungsinstitut hatte in der vergangenen Woche den Angaben zufolge 1.002 Bundesbürger ab 14 Jahre befragt.

Ministerin Aigner will auch eine bessere Aufklärung über Lebensmittel in der Schule erreichen. Sie forderte die Länder auf, Ernährungsunterricht in den Schullehrplänen zu verankern. "Gesunde, bewusste Ernährung und der richtige Umgang mit Lebensmitteln sollte in den Lehrplänen so selbstverständlich sein wie Mathe und Sport", schrieb Aigner in einem Gastbeitrag für "Bild am Sonntag".

dpa/epd