Christlich-islamische Trauung: Paare brauchen Gottes Segen

Christlich-islamische Trauung: Paare brauchen Gottes Segen
Eine Trauung in zwei Religionen - geht das? Vorgesehen sind solche interreligiösen Feiern bisher nicht, weder in christlichen noch in muslimischen Gemeinden. Das Frankfurter Ehepaar Gebert-Saltani hat lange gesucht - und am Ende eine stimmungsvolle christlich-muslimische Feier in einer evangelischen Kirche in Frankfurt erlebt.
28.02.2012
Von Canan Topçu

Bernoussi Saltani ist kein Mann, der fünfmal am Tag betet und im islamischen Monat Ramadan fastet. Auch hat er sich nicht zum Ziel gesetzt, nach Mekka zu pilgern. Obwohl der 59-Jährige sich nicht streng an Gebote und Verbote der Religion hält, mit der er aufgewachsen ist: Ein Bestandteil seiner Identität ist der Islam trotzdem. Seine Religiosität verortet der pensionierte Literaturprofessor jenseits ritueller Glaubensbekenntnisse. Bernoussi Saltani ist gebürtiger Marokkaner, lebte eine zeitlang in Frankreich und hat seit einigen Jahren sein Zuhause in Frankfurt.

Ursula Gebert-Saltani ist keine Frau, die jeden Sonntag in die Kirche geht und regelmäßig betet. Als eine Protestantin, die auf ihre Weise religiös ist, beschreibt sich die 52-Jährige. Der Kirche fühlt sich die Juristin aus Frankfurt vor allem "geschichtlich und familiär" verbunden. Ursula Gebert und Bernoussi Saltani kennen sich seit ihrer Jugend und sind seit mehr als einem Jahrzehnt ein Paar. Sie leben in Frankfurt-Höchst und haben eine neunjährige Tochter.

"Unsere Ehe bedarf einer Segnung durch Gott"

Vor drei Jahren besiegelten sie ihre Beziehung offiziell auf dem Standesamt. "Wir waren uns beide einig darüber, dass unsere Ehe auch einer Segnung vor Gott bedarf", erzählt Ursula Gebert-Saltani. Unklar war ihnen damals allerdings, dass es so einfach nicht sein würde. Christlich-muslimische Paare sind zwar inzwischen keine Seltenheit mehr in einer multikulturellen und multiethischen Stadt wie Frankfurt; eine religiöse Zeremonie, die dem Glauben beider Partner gerecht wird, ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Paare, die sich das wünschen, bringen sowohl christliche als auch muslimische Geistliche in Bedrängnis.

Verzichten musste das Ehepaar Gebert-Saltani auf den Segen nicht, wiewohl es sich mit der religiösen Zeremonie hinzog. Knapp zwei Jahre nach ihrer standesamtlichen Heirat gaben sich die Christin und der Moslem das Ja-Wort auch vor Gott – und zwar in der evangelischen Stadtkirche Höchst. Rat hatten sie zunächst beim Amt für multikulturelle Angelegenheiten in Frankfurt gesucht. Die zuständige Mitarbeiterin verwies sie an die Pfarrerin des Stadtdekanats, die für den interreligiösen Dialog zuständig ist; diese wiederum wusste von einer Pfarrerin, die bereits ein christlich-muslimisches Paar getraut hatte. Und wie es der Zufall so will: Ulrike Schweiger ist Pfarrerin just in der evangelischen Gemeinde, zu der Ursula Gebert-Saltani in Frankfurt-Höchst angehört.

Mehrmals traf sich das Ehepaar mit der evangelischen Geistlichen, führte ausführliche Gespräche über die Trauung, über den möglichen Ablauf des Gottesdienstes und fühlte sich ihr "sehr gut aufgehoben". Pfarrerin Schweiger wäre gerne dem Wunsch des Ehepaars nach einer Zeremonie nachgekommen, "in der beide Religionen gleichberechtigt vertreten sind". Doch weder ihr noch dem Paar selbst gelang es, einen islamischen Geistlichen für die christlich-muslimische Trauung zu gewinnen. "Wenn wir bessere Kontakte zu Moscheegemeinden und mehr Zeit gehabt hätten, dann wäre das vielleicht möglich gewesen", sagt Ursula Gebert-Saltani rückblickend.

Gottesdienst mit Bibelversen und Koransuren

Ganz unmöglich sei das nämlich nicht, hatte sie von Pfarrerin Schweiger erfahren. Vor einigen Jahren hatte sich erstmals ein christlich-muslimisches Paar an die Pfarrerin gewandt. Darauf hin begab sich Ulrike Schweiger auf die Suche und lernte schließlich einen Imam kennen, der wie sie einem christlich-muslimischen Ehepaar den Gottessegen nicht verwehren wollte. Gemeinsam gestalteten daraufhin der aus der Türkei stammende Imam und die Pfarrerin aus Frankfurt-Höchst die Zeremonie. "Diesen Imam hätten wir sehr gerne auch für unsere Trauung gewonnen", erzählt Ursula Gebert-Saltani. Inzwischen sei er aber, wie sie im Laufe ihrer Erkundungen erfuhr, in die Heimat zurückgekehrt.

Weil es "zu mühselig erschien", einen Imam ausfindig zu machen, entschieden sich Gebert-Saltani und ihr Mann schließlich für eine Trauung, die religiöse Elemente aus dem Islam in den Gottesdienst integriert. Bernoussi Saltani selbst suchte im Koran nach passenden Passagen und fand diese in der Sure 30, Verse 21 und 21: "Und zu seinen Zeichen gehört es, dass er euch aus euch selber Gattinnen geschaffen hat (indem er zuerst ein Einzelwesen und aus ihm das ihm entsprechende Wesen machte), damit ihr Frieden bei ihnen findet. Und er hat bewirkt, dass ihr einander in Liebe (mawadda) und Güte (rahma) zugetan seid. Darin liegen Zeichen für Leute, die nachdenken. Und zu seinen Zeichen gehört die Erschaffung von Himmel und Erde und die Verschiedenartigkeit eurer Sprachen und Farben. Darin liegen Zeichen für die Wissenden."

Ein Zeichen gegen Islamfeindlichkeit

Muslimische Freunde des Paares trugen nach der Lesung aus der Bibel (1. Korinther 13) diese Verse auf Arabisch vor, und Gebert-Saltanis Vater, ein pensionierter Pfarrer, las die deutsche Übersetzung. Das Trauversprechen gab die Christin mit den Worten, "so wahr mit Gott helfe" und ihr Mann "im Namen Allahs, des gnädigen Gottes".

Auch nach dem Trauversprechen folgten weitere Bibel- und Koranverse und am Ende der Zeremonie spielte der Organist nicht nur klassische Kirchenlieder, sondern auch "Aischa" von Cheb Khaled. Die Noten ihres Familienlieds hatte das Ehepaar mitgebracht. Die Reaktion von Freunden und Bekannten auf die Trauung mit christlichen und muslimischen Elementen sei durchweg positiv gewesen, sagt Ursula Gebert- Saltani. Und sie sagt auch, dass ihr Mann und sie mit dieser religiös-kulturellen Zeremonie ein Zeichen setzen wollten gegen die Islamfeindlichkeit.

Das allein war aber nicht ausschlaggebend, wie den Ausführungen der Juristin zu entnehmen ist: "Wir sind zwar weltlich orientiert, sind aber beide der Ansicht, dass der göttliche Segen fürs Gelingen erforderlich ist und dieser nicht nur in der christlichen Kultur verwurzelt sein kann."

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Canan Topçu ist Journalistin und widmet sich seit vielen Jahren den Themen Migration, Integration und Islam. Sie lebt in Hanau und arbeitet für unterschiedliche Medien.