Wulff soll auch Döpfner gedroht haben - und setzt auf Zeit

Wulff soll auch Döpfner gedroht haben - und setzt auf Zeit
Seine Nachricht auf der Mailbox von "Bild"-Chef Diekmann brachte Bundespräsident Wulff in Bedrängnis. Zwar will "Bild" keine Abschrift veröffentlichen, doch nun zitieren andere Medien daraus. Dabei kommt Entlastendes, aber auch Belastendes zutage.

Über den umstrittenen Anruf von Bundespräsident Christian Wulff bei "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann werden weitere Details bekannt. Nach übereinstimmenden Berichten der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sowie des Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" stimmt die Darstellung des Bundespräsidenten, dass Wulff in seiner Mailbox-Nachricht an Diekmann lediglich um die Aufschiebung des Berichts über die Finanzierung seines Privathauses gebeten hat. Allerdings hätten Drohungen gegen den Springer-Verlag bei weitem überwogen, berichtet die "Sonntagszeitung".

Am Samstag protestierten rund 400 Demonstranten vor Wulffs Amtssitz in Berlin gegen dessen Verhalten im Zusammenhang mit seinem umstrittenen Privatkredit und gegenüber den Medien. Wie es in arabischen Ländern üblich ist, zogen die Demonstranten ihre Schuhe aus, um damit ihrer Verärgerung Ausdruck zu verleihen. Unterdessen ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Medienberichte dementieren, wonach sie mit FDP-Chef Philipp Rösler bereits über das Vorgehen der Koalition nach einem Rücktritt Wulffs berate.

Abschrift zirkuliert angeblich

Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet, hat Wulff an zwei Stellen seiner Mailbox-Nachricht an "Bild"-Chefredakteur Diekmann darum gebeten, sich vor einer Veröffentlichung noch einmal zu besprechen. Doch habe er diesen Vorschlag mit der Formulierung verbunden, dann könne entschieden werden, "wie wir den Krieg führen". Der Spiegel zitiert: "Ich habe alles offengelegt, Informationen gegeben, mit der Zusicherung, dass die nicht verwandt werden. Die werden jetzt indirekt verwandt, das heißt, ich werde auch Strafantrag stellen gegenüber Journalisten morgen, und die Anwälte sind beauftragt."

Zudem drohte Wulff laut "Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung" mit dem "endgültigen Bruch mit dem Springer-Verlag" im Falle einer Veröffentlichung. Auch habe er gesagt, für ihn und seine Frau sei der Rubikon überschritten.

Der Wortlaut von Wulffs Nachricht existiert laut "Spiegel" als Abschrift, die unmittelbar nach dem Gespräch gefertigt worden sei und "unter Journalisten zirkuliert". Das zweiseitige Papier offenbare eine Wortwahl, "die weniger ausfällig und dramatisch" sei, als es in den bislang veröffentlichen Auszügen den Anschein gehabt habe.

"Krieg" mit Springer in Aussicht gestellt

Bei den Anrufen Wulffs ging es um die Recherchen der "Bild"-Zeitung zum umstrittenen Privatkredit von 500.000 Euro, den Wulff 2008 als niedersächsischer Ministerpräsident von dem befreundeten Unternehmerpaar Egon und Edith Geerkens erhalten hatte. Während Wulff sagt, er habe lediglich einen Aufschub der Berichterstattung erbeten, weil er sich zum Zeitpunkt der geplanten Veröffentlichung im Ausland befand, hatte die Mailbox-Nachricht nach Darstellung der "Bild"-Zeitung das Ziel, die Berichterstattung gänzlich zu unterbinden. "Bild" hatte am 13. Dezember erstmals über den Privatkredit berichtet und damit einer Serie kritischer Berichte über den Bundespräsidenten in verschiedenen Medien in Gang gesetzt.

Die "Bild"-Zeitung bat Wulff am Donnerstag dieser Woche um Zustimmung, den Wortlaut der Mailbox-Nachricht an Diekmann zu veröffentlichen. Das lehnte der Präsident ab.

Der "Spiegel" berichtet auch über weitere Details eines Anrufes von Wulff bei Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner. Wulff sei sehr deutlich geworden. Wenn der Artikel über seinen Privatkredit erscheine, so werde der Präsident im Verlag zitiert, dann bedeute das Krieg zwischen dem Bundespräsidialamt und Springer bis zum Ende von Wulffs Amtszeit.

Wulff: "In einem Jahr ist alles vergessen"

Unterdessen spekulierten verschiedene Medien am Wochenende über eine mögliche Nachfolge für Wulff, sollte dieser entgegen seinen bisherigen Aussagen doch zurücktreten. Dabei wurde auch mehrfach der Name des evangelischen Theologen Joachim Gauck genannt, der Wulff 2010 als Kandidat von Grünen und SPD in der Bundesversammlung unterlegen war. Gauck, ehemals Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde, wäre ein "idealer Bundespräsident", sagte Grünen-Parteichefin Claudia Roth der "Welt am Sonntag".

Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Berufung auf Kreise in der FDP schreibt, kann sich Kanzlerin Merkel indes Gauck keinesfalls als Kandidaten vorstellen. Zudem ließ Merkel ihren Regierungssprecher Steffen Seibert dementieren, dass sie mit Rösler über eine Wulff-Nachfolge spreche. Dazu gebe es aus ihrer Sicht keine Veranlassung.

Eine FDP-Sprecherin nannte die entsprechenden Berichte "frei erfunden". CSU-Sprecher Horst Seehofer sagte im Deutschlandfunk, es gebe in der Regierungskoalition keinen "Plan B" für den Fall, das Wulff zurücktreten sollte.

Die "Bild am Sonntag" berichtete unterdessen von einer Rede Wulffs an Mitarbeiter des Bundespräsidialamtes. "In einem Jahr ist alles vergessen", habe der Präsident bei dem amtsinternen Neujahrsempfang am Freitagnachmittag gesagt. Er wolle bis 2015 eine gute Arbeit machen und sei zuversichtlich, "dass dieses Stahlgewitter bald vorbei ist".

epd