Bundespräsident Wulff verteidigt seinen Billigkredit

Bundespräsident Wulff verteidigt seinen Billigkredit
Christian Wulff nimmt erstmals selbst Stellung zu seinem Privatkredit und sieht sich dem Druck seiner Kritiker gewachsen. Er könne das verantworten. Der Opposition reicht das nicht.

Der wegen der Finanzierung seines Hauses in die Kritik geratene Bundespräsident Christian Wulff steht zu seinem umstritten Privatkredit. "Man muss selber wissen, was man macht", sagte Wulff am Samstag in Wittenberg der Nachrichtenagentur dpa. "Das muss man verantworten - das kann ich", ergänzte er auf die Frage, wie er den politischen Druck aushalte. Er äußerte sich damit erstmals in der Öffentlichkeit zu dem seit einer Woche bekannten 500.000-Euro-Kredit, den er 2008 noch als niedersächsischer Ministerpräsident nach eigener Darstellung von einer befreundeten Unternehmergattin aufnahm.

Er könne sich weiter wunderbar mit den Bürgern unterhalten, erklärte Wulff kurz nach der Aufzeichnung einer ZDF-Weihnachtssendung bei einem Empfang. "Und das ist doch eigentlich das Wichtige, das Wesentliche, dass man die Dinge bewertet, beurteilt und dann dazu steht und dann auch unterscheidet, wo ist etwas real und wo ist etwas mit sehr viel Staub aufwirbeln verbunden", sagte Wulff. "Das muss man voneinander trennen."

"Fakten auf den Tisch"

Die Opposition sieht die Glaubwürdigkeit von Wulff beschädigt und forderte ihn auf, alle Fakten auf den Tisch zu legen. Es sehe so aus, als ob Wulffs Freund, der frühere Unternehmer Egon Geerkens, bei der Kreditvergabe "ein kleines Scheingeschäft eingefädelt hat", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann der "Bild am Sonntag".

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles brachte sogar indirekt einen Rücktritt Wulffs ins Gespräch. "Er sollte jetzt sehr schnell und wirklich offensiv alles auf den Tisch packen. Wenn er das nicht kann, dann allerdings sollte er darüber nachdenken, ob er weiter Vorbild in Deutschland sein kann", sagte Nahles am Samstag in der ARD. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, forderte Wulff laut "Leipziger Volkszeitung" auf, seine "Bringschuld" rasch zu erfüllen.

Von wem kam das Geld?

Der Bundespräsident steht in der Kritik, weil er 2010 als Ministerpräsident im Landtag den Kredit der Unternehmergattin Edith Geerkens nicht erwähnt hatte, als er nach seinen Geschäftsbeziehungen zu deren Mann gefragt worden war. Wulff betont, der Kredit stamme von Frau Geerkens und sei auch über ihr Konto bei der Sparkasse Osnabrück abgewickelt worden. Laut "Spiegel" lassen Äußerungen Egon Geerkens' aber den Schluss zu, dass das Geld de facto doch von ihm stammt.

"Ich habe mit Wulff verhandelt", zitierte das Magazin Egon Geerkens. "Ich habe mir überlegt, wie das Geschäft abgewickelt werden könnte." Zugleich sagte der Unternehmer, mit dem Wulff seit vielen Jahren eng befreundet ist, über das Geld aber auch: "Das stammt von meiner Frau." Als Motivation für den Kredit nannte Geerkens in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" Freundschaft. Dazu sei die Überlegung gekommen, dass vier Prozent Zinsen von den Wulffs besser seien als "drei Prozent fürs Tagesgeld".

Staatsrechtler: "Wulff hat gegen das Gesetz verstoßen"

Die CSU warnte vor einer vorschnellen Verurteilung Wulffs. "Es geht hier auch um den Respekt vor unserem Staatsoberhaupt", mahnte Generalsekretär Alexander Dobrindt in der "Bild am Sonntag" ("BamS").

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter legte Wulff den Rücktritt nahe. "Statt mit präsidialem Glaubwürdigkeitskredit den Menschen in turbulenter Zeit Orientierung zu geben, ist der Bundespräsident gefangen im spitzfindigen Formulierungskampf um seinen Hauskredit", sagte Lotter der dpa. "Der umgehende Rücktritt ist ein Gebot des Anstands und der Verantwortung."

Nach Ansicht des Staatsrechtlers und Parteienkritikers Hans Herbert von Arnim hat Wulff mit der Inanspruchnahme des Kredits als niedersächsischer Ministerpräsident geltendes Recht gebrochen. "Christian Wulff hat meines Erachtens gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen", sagte von Arnim der Zeitung "Die Welt" (Samstag). Es gehe längst nicht mehr nur darum, ob Wulff den Landtag unvollständig informiert habe. Vielmehr sei die Annahme von verbilligten Krediten durch das Ministergesetz und einen dazugehörigen Erlass verboten.

"Ein Bezug zum Amt", sagte von Arnim, "ist bei dem Darlehen von Frau Geerkens aus meiner Sicht gegeben." Er Begründete dies mit der Teilnahme von Ehemann Egon Geerkens an drei Reisen des Ministerpräsidenten, obwohl er nach "objektiven Kriterien nicht mehr in diese Delegationen" gepasst habe.

Wulffs Anwälte: "Kein Geschenk"

Die Anwälte des Bundespräsidenten bestritten dagegen, dass Wulff mit der Aufnahme des Kredits zu einem Zinssatz von vier Prozent gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen habe. Der entsprechende Paragraf untersagt Politikern, Geschenke in Bezug auf ihr Amt anzunehmen. "Abgesehen davon, dass hier kein 'Geschenk' vorlag, fehlte es an jeglichem Amtsbezug", erklärten die Anwälte auf Anfrage der "Welt am Sonntag". Nach Einschätzung des Staatsrechtlers Hans Herbert von Arnim liegt hingegen ein Verstoß vor. Die Annahme verbilligter Kredite sei durch das Gesetz und einen Erlass verboten.

Wulff hatte am vergangenen Donnerstag in einer schriftlichen Erklärung zu dem Kredit Stellung genommen und bedauert, das er bis dahin dazu geschwiegen habe. Ab diesem Montag können Journalisten die Kreditunterlagen in einer Berliner Anwaltskanzlei einsehen. Voraussichtlich am Dienstag beschäftigt sich der Ältestenrat des Landtags in Hannover mit den Fragen rund um den Kredit. Dort soll auch geklärt werden, ob Wulff noch öfter in den Ferienhäusern der Unternehmer Carsten Maschmeyer auf Mallorca und Egon Geerkens in Florida Urlaub gemacht hat als bislang bekannt.

Wie die "BamS" berichtet, gab Wulff am Freitag bei der Weihnachtsfeier des Bundespräsidialamts im Schloss Bellevue vor Mitarbeitern zu erkennen, dass ihn die Sache belastet. "Am Wochenende wird es kritisch genug", soll er mit Blick auf die Berichterstattung gesagt haben. Außerdem habe der Präsident wenige Minuten nach seiner Rede die Feier verlassen.

dpa