Hirschhausen: "Ich kann auch über Popel plaudern"

Hirschhausen: "Ich kann auch über Popel plaudern"
Eckart von Hirschhausen über seine ARD-Gesundheitsshow "Das fantastische Quiz des Menschen", die für drei weitere Ausgaben ab Donnerstag, 8. September, 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt wird. Faszinierende Aspekte des promovierten Mediziners über Fußpilz, gefährliche Ohrenkerzen und fragwürdige Medizinratgeber im Internet.
08.09.2011
Die Fragen stellte Cornelia Wystrichowski

Mit der Show "Das fantastische Quiz des Menschen" (Donnerstag, 8. September, 20.15 Uhr, ARD) erreichte der früher als Kinderneurologe praktizierende Arzt vorigen Herbst um die fünf Millionen Zuschauer – eine rundum gesunde Quote. Wegen des Erfolgs geht die launige Lehrstunde rund um Haut und Haare, Nieren und Nerven, Herz und Hirn jetzt in die nächste Runde: In den drei neuen Ausgaben müssen prominente Kandidaten wie "Tagesschau"-Sprecher Jan Hofer oder der Comedian Ingolf Lück ihr Wissen über den Homo Sapiens beweisen.

Herr von Hirschhausen, Sie gelten als Deutschlands bekanntester Mediziner. Wann waren Sie zum letzten Mal krank?

Eckart von Hirschhausen: Ernsthaft krank war ich zum Glück noch nie, und bei Husten, Schnupfen, Heiserkeit muss ich ja nicht zum Arzt, da kann ich mir die Diagnose selber stellen. Allerdings wiege ich etwas mehr, als ich müsste. Das passiert, wenn man über 40 ist, denn dann nimmt man mit der gleichen Menge Nahrung plötzlich zu. Aber dafür muss ich auch nicht zum Arzt, ich muss mich nur wieder mehr bewegen und weniger essen. Was mir Sorgen macht: Wenn der Deutsche im Durchschnitt 17 Mal im Jahr zum Arzt geht, muss ja jemand, wenn ich nicht gehe, 34 Mal dort gewesen sein.

Gibt es denn ein Patentrezept, wie man fit bleibt?

Hirschhausen: Wer sein Leben verlängern will, muss das weglassen, was es verkürzt. Ich selber rauche nicht, ich umgebe mich mit Menschen, die ich mag, und tue Dinge, die ich mit Freude tue. Für meinen Job gab es ja keine Stellenausschreibung "Hirschhausen gesucht", sondern ich habe ihn mir über 20 Jahre so aufgebaut, wie er jetzt ist. Das ist ein großes Glück für mich, dafür bin ich dankbar – und das ist eines der gesündesten Gefühle überhaupt.

Hat Sie der Erfolg Ihrer Show um den menschlichen Körper bei der Premiere voriges Jahr überrascht?

Hirschhausen: Ich habe mich sehr darüber gefreut, denn es war meiner Meinung nach das erste Mal, dass es so eine Show überhaupt im europäischen Fernsehen gab. Das eigentlich Überraschende ist doch, dass es nicht woanders oder auch in Deutschland schon früher eine augenzwinkernde Abendshow mit medizinischen Inhalten gab, sondern überwiegend dröge Ratgebermagazine. Die Leute haben sich schon immer für ihren Körper und ihre Seele interessiert. Medizin ist ein Thema, das jeden fasziniert und angeht. Jeder dritte Deutsche hat Fußpilz, wenn die alle meine Sendung einschalten, hat die Show eine Superquote. Alle anderen bitte auch einschalten!

"Die wirklich dramatischen

Dinge spare ich bewusst aus"

 

Da sind wir ja bei einem unappetitlichen Thema gelandet. Ekeln Sie sich als Mediziner bei solchen Sachen schon lange nicht mehr?

Hirschhausen: Mediziner bekommen schnell eine berufsbedingte Gelassenheit im Sinne von "Nichts Menschliches ist mir fremd". Aber die Tatsache, dass ich vom Fach bin, gibt mir ja auch die Freiheit, in meiner Show respektlos an Themen ranzugehen, die bei anderen Moderatoren vielleicht eklig oder unter der Gürtellinie wirken würden. Ich kann auch mal über die Nährwerte von Ohrenschmalz und Popel plaudern, wenn ich das spannend und faszinierend finde. Gesundheit ist für mich nichts Bierernstes.

Allerdings gibt es wirklich ernste Themen wie etwa Krebs.

Hirschhausen: Natürlich gibt es schreckliche Krankheiten, natürlich gibt es den Tod. Aber die wirklich dramatischen Dinge spare ich in der Show bewusst aus. Der Grund, warum Zivilisationskrankheiten so zunehmen, ist doch, dass viele überhaupt gar kein Gefühl für ihren Körper haben. Da setzen wir an: wieder staunen, spielen, entdecken. Mir geht es darum, Medizinthemen modern zu präsentieren und Fernsehunterhaltung zu bieten, bei der man Spaß hat und am Ende des Abends schlauer ist als vorher. Es gibt in meiner Show auch ein paar herrlich alberne Spiele, damit es nicht zu pädagogisch wird und nicht zu sehr nach Krankenkassen-Fernsehen aussieht.

Zum Beispiel?

Hirschhausen: Das wird eine Wundertüte voller bunter Themen. Nach dem großen Erfolg von "Was bin ich für ein Organ" haben wir wieder Wigald Boning eingeladen zum heiteren Körperteile-Raten. Wir machen neu eine Parodie auf "Der Preis ist heiß", in der wir die Kosten für einzelne Schönheitsoperationen verraten. Es gibt zum Thema Evolution eine Version der Montagsmaler – aber mit Höhlenmalerei. Außerdem machen wir ein Spiel mit Phantomzeichnern von der Kripo, um herauszufinden: Wenn ich jemanden kurz gesehen habe – wie genau kann man den beschreiben, wie verlässlich ist das Gedächtnis?

"Es regt mich auf,

wie viel Aberglaube

noch existiert"

 

Ihre Sendung ist als Familienshow gedacht. Sind Medizinthemen nicht eher für ältere Zuschauer interessant?

Hirschhausen: Nein, ich bin ja neben meiner TV-Tätigkeit mit meinem Kabarettprogramm unterwegs. Und da sehe ich am Publikum, dass junge Menschen sich genauso dafür interessieren. Das geht ja los bei Dr. Sommer in der "Bravo", der von den Lesern gefragt wird: Kann man vom Küssen schwanger werden? Sobald auf einer Party jemand mitkriegt, dass ich Arzt bin, kommt jeder mit irgendwas, dass er schon immer wissen wollte – das geht durch alle Altersgruppen.

Werden Sie oft um medizinischen Rat gebeten, wenn Sie privat unterwegs sind?

Hirschhausen: Klar, das passiert oft. Und das zeigt mir, wie aufgeschmissen die Leute sind, weil sie nicht wissen, wo sie verlässliche Informationen bekommen. Im Internet gibt es zwar unglaublich viele Medizinseiten, aber bei den meisten ist nicht klar, wer die finanziert und wer dahintersteckt. Es gibt ja auch unheimlich viel Scharlatanerie und Humbug rund um die Medizin. Haben Sie schon mal von diesen Ohrenkerzen gehört?

Da stecken sich Menschen Kerzen ins Ohr und zünden sie an.

Hirschhausen: Die Leute glauben, dass dabei schlechte Energien abgeleitet werden, dass das Ganze den Körper irgendwie entgiftet. Das ist wirklich Mittelalter, und im schlimmsten Fall tropft dabei Wachs auf das zarte Trommelfell. Es regt mich auf, wie viel Aberglaube im 21. Jahrhundert noch existiert. Ich habe einfach Freude daran, über solche Dinge aufzuklären und möglichst viele Informationen in möglichst viele Köpfe und Herzen zu bringen.


Eckart von Hirschhausen gilt als Deutschlands lustigster Arzt. Er ist promovierter Mediziner, gefragter Fernsehmoderator ("Tietjen und Hirschhausen", "Frag doch mal die Maus"), Buchautor und Kabarettist. Eine Mischung aus gesundheitlicher Aufklärung und Humor ist Markenzeichen und Erfolgsrezept des 44-jährigen Berliners, dessen Fernsehshow "Das fantastische Quiz des Menschen" nach dem Erfolg vom vergangenen Herbst wieder auf Sendung geht (Donnerstag, 8. September, 20.15 Uhr, ARD).