Allgemeine Flucht vor der "Quadriga"

Allgemeine Flucht vor der "Quadriga"
Die Verleihung des Quadriga-Preises an den russischen Präsidenten Wladimir Putin stößt auf eine immer schärfere Kritik. Der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel will die ihm vor zwei Jahren verliehene Auszeichnung zurückgeben, falls sie in diesem Jahr an Putin vergeben wird.

Das "Ultimatum" Havels wurde nach Angaben von Mitgliedern des Kuratoriums durch den tschechischen Botschafter in Berlin, Rudolf Jindrak übermittelt. Eine Sprecherin des tschechischen Ex-Präsidenten und früheren Dissidenten wollte Berichte deutscher Medien über eine mögliche Preisrückgabe Havels weder dementieren noch bestätigen.

Havel werde am Montag konkrete Schritte unternehmen, sagte seine Assistentin Sabina Tancevova am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. Havel hatte die Quadriga 2009 entgegengenommen. Nach Informationen der tschechischen Zeitung "Lidove Noviny" könnte er in Form eines offenen Briefes gegen die Quadriga-Entscheidung protestieren.

Nach Informationen der "Bild am Sonntag" räumte Havel dem Kuratorium des preisverleihenden Vereins Werkstatt Deutschland bis Montag Zeit ein, die Preisvergabe zu überdenken. In einer Krisensitzung am Freitag befasste sie das Gremium mit der möglichen Aussetzung des Quadriga-Preises an alle Preisträger in diesem Jahr. Dafür  zeichnete sich nach Informationen der "Bild am Sonntag" eine Mehrheit ab. Eine Entscheidung wird noch an diesem Wochenende erwartet. Gleichzeitig zeigte sich das Kuratorium entschlossen, seine Arbeit in den kommenden Jahren fortzusetzen.

Kuratoriumsmitglieder nicht an Entscheidung beteiligt?

Putin soll am Tag der Deutschen Einheit "für seine Verdienste für die Verlässlichkeit und Stabilität der deutsch-russischen Beziehungen" ausgezeichnet werden. Mehrere frühere Preisträger hatten die Entscheidung mit dem Hinweis auf Menschenrechtsverstöße in Russland kritisiert. Der dänische Künstler Olafur Eliasson gibt seine Auszeichnung nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zurück.

Nach Grünen-Chef Cem Özdemir und dem Historiker Edgar Wolfrum erklärte am Wochenende auch die Gründerin der Berliner Bela-Stiftung, Barbara-Maria Monheim, ihren sofortigen Rücktritt aus dem Kuratorium des "Netzwerks Quadriga". Sie lehne die "interne Verfahrensweise" und "öffentliche Kommunikationspolitik entschieden ab", zitierte der Berliner "Tagesspiegel" (Samstagsausgabe) aus einer ihm vorliegenden Erklärung der Mäzenin. Es sei "völlig inakzeptabel, dass Kuratoriumsmitglieder ausdrücklich für Entscheidungen in Haftung genommen werden, an denen sie weder beteiligt waren noch über die sie unterrichtet wurden", kritisierte Monheim.

Nach Angaben der Organisatoren werden mit dem Quadriga-Preis seit 2003 Persönlichkeiten und Projekte ausgezeichnet, deren Denken und Handeln auf Werten baut, "die Vision, Mut und Verantwortung dienen". Zu den bisher Geehrten zählen auch Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU), der ehemalige sowjetische Präsident Michael Gorbatschow sowie die DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley.

epd/dpa