Öko-Strom bringt jede Menge neue Jobs

Öko-Strom bringt jede Menge neue Jobs
Die Energiewende der Bunedsregierung könnte zum Jobmotor in Deutschland werden. Hersteller von Solar-, Wind- und Biogasanlagen erwarten hohe Auftragseingänge. Die Rede ist von 200.000 neue Jobs, vor allem für Ingenieure, Techniker und Handwerker.
15.07.2011
Von Miriam Bunjes

Juwi-Personalchef Michael Buss sucht dringend 180 neue Mitarbeiter. Und: Bis zum Ende des Jahres sollen 500 weitere Stellen entstehen. "Die Energie ist da" lautet der Slogan der 1.400-Mann-Firma im rheinland-pfälzischen Wörrstadt. Juwi plant und betreibt Solar-, Wind-, und Biogasanlagen - und erwartet Wachstum durch die Energiewende. Gesucht werden Jobwillige vom Elektroingenieur, Installateur bis zum Küchenchef.

Weltweit sollen eine Millionen neue Jobs in der Energiebranche entstehen, schätzt eine Studie von Greenpeace. Davon entstehen 200.000 neue Arbeitsplätze bis 2020 allein in Deutschland, schätzt der Bundesverband Erneuerbare Energie. Ende 2010 gab es 367.400 Beschäftigte in diesem Bereich, 2004 waren es halb so viele.

Hoffnungsvolle Zahlen. An der Zukunftsprognose haben Arbeitsmarktforscher jedoch Zweifel. "Beim jetzigen Förderkurs der Regierung werden weniger neue Jobs entstehen", sagt Bernd Hirschl vom Berliner Institut für ökologische Wirtschaftsforschung. "Gefördert werden große Windparks im Meer, während die Unterstützung für kleine Stromerzeuger in den Regionen abgebaut wird. Ein dezentrales Energiekonzept schafft mehr Jobs." Die Förderung von Großanlagen sei das Bonbon der Regierung für die großen Energiekonzerne, die aus der Atomkraft aussteigen müssen, kritisiert Hirschl. "Finanziell brauchen sie das nicht."

Handwerker, Ingenieure, Techniker

Theo Bühler vom Bonner Wissenschaftsladen differenziert: "Wie viele Jobs dauerhaft entstehen, hängt von der Art der Anlage ab", sagt Bühler, der seit Jahren den Stellenmarkt der Branche analysiert. Viele kleine Anlagen vor Ort könnten durchaus einen langfristigen Jobboom bringen: "Die müssen ja dann von Handwerkern vor Ort gewartet werden, und jede technische Entwicklung bedeutet neue Investitionen und neue Arbeit." Das gelte zwar auch bei Großanlagen, die bräuchten aber insgesamt weniger Beschäftigte.

Unstrittig ist: Es werden Leute gesucht - vor allem auch Ingenieure, an denen es Deutschland seit Jahren mangelt. "Es gibt inzwischen etwa 300 neuere Studiengänge, die speziell in den verschiedenen Sparten der erneuerbaren Energien ausbilden", sagt Bühler. "Die Absolventen kommen erst jetzt auf den Markt." Die Branche suche aber auch Neulinge, die sich das Spezialwissen dann in der Praxis holen: Jedoch nicht nur Leute mit Ingenieurstudium, sondern auch Handwerker und Techniker.

Projektmanager-Stellen zu besetzen, dauert für Michael Buss von Juwi am längsten. "Wir können nicht warten, bis der Arbeitsmarkt auf den Boom reagiert, wir bilden auch selbst aus und fort", sagt Buss. "Mit sehr guten Aufstiegschancen."

"Es wird viel Flexibilität erwartet"

Das große Plus der Branche sei, sagt Arbeitsmarktforscher Bühler, dass "man innerhalb von wenigen Jahren aufsteigen und frei aussuchen kann, ob man hier oder im Ausland arbeiten will". Und es gibt viel Raum für Ideen. "Die Solartechnik kann bislang höchstens 20 Prozent der Sonnenenergie nutzen", so Bühler. Hierin steckt noch viel Innovationspotenzial.

Die Gehälter seien allerdings im Schnitt noch niedriger als in etablierten Branchen wie der Automobilindustrie. Dafür seien viele Jobs unbefristet und böten oft auch mehr Entfaltungsmöglichkeiten. "Es wird viel Flexibilität erwartet", sagt Bühler. "Reisen, Fremdsprachenkenntnisse und für die Service-Techniker Nacht- und Wochenenddienste. Deutschland ist weltweit Technologievorreiter - das fordert die Arbeitnehmer."

Beim Handwerk sieht er Nachholbedarf: "Von 350 Ausbildungsberufen haben gerade sechs mit erneuerbaren Energien zu tun", erklärt Bühler. Dabei müssten die verschiedenen Sparten viel übergreifender denken - auch beim Energie sparenden Bauen und Sanieren. "Dass ein Haus in Zukunft mindestens so viel Energie produziert wie es verbraucht, fordert sehr komplexen handwerklichen Sachverstand." 

epd