Wikileaks-Gründer Assange: Kein Geld, kaum Trubel

Wikileaks-Gründer Assange: Kein Geld, kaum Trubel
Julian Assange mag den großen Auftritt - doch um den Wikileaks-Gründer ist es eher still geworden. Seine Plattform brachte schon lange keine beachtlichen Enthüllungen mehr - und der Kampf gegen seine Auslieferung nach Schweden ist schwer.
12.07.2011
Von Michael Donhauser

Mehr als vier Monate lang war es ziemlich ruhig um Julian Assange. Seit er im Kampf gegen seine Auslieferung nach Schweden in erster Instanz vor Gericht gescheitert war, lebte der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks weitgehend unauffällig auf dem Landsitz eines befreundeten Journalisten im südostenglischen Norfolk - mit elektronischer Fußfessel, täglicher Meldepflicht und nächtlicher Ausgangssperre.

Anhängerschar schmilzt

Am Montag zeigte sich der Australier wieder kampfeslustig wie eh und je - auch wenn die Zahl seiner Fans vor dem Gerichtssaal kleiner geworden zu sein scheint. In der zweiten Runde seiner Justizschlacht vor dem ehrwürdigen High Court angekommen, nannte er den EU-weiten Haftbefehl gegen ihn einen "Papiertiger". Die Justiz lasse sich politisch benutzen, wollte er damit sagen, die Richter seien Ja-Sager, im Auftrag der Politik. Eine Entscheidung des High Courts, ob die Auslieferung des inzwischen 40-Jährigen angemessen ist, wurde am Dienstag noch nicht erwartet.

Die Vorwürfe, im August vergangenen Jahres zwei Schwedinnen zumindest sexuell belästigt, wenn nicht gar vergewaltigt zu haben, wischt Assange seit Monaten als bloßen Vorwand beiseite. Er habe schon Verständnis dafür, dass die beiden Damen das Verhalten seines Mandanten "als ungebührlich, unhöflich oder sogar als an die Grenzen dessen stoßend empfunden hätten, was ihnen noch angenehm sei", sagte Ben Emmerson, einer der Verteidiger des Australiers. Aber es sei nunmal einvernehmlicher Sex gewesen, und das sei nach englischem Recht keine Straftat. Das schwedische und das englische Recht passten einfach nicht zusammen.

Neue Anwältin

Sollte Assange recht behalten mit seiner These, dass hinter all den aus seiner Sicht haltlosen Vorwürfen die US-Regierung steckt, dann wäre die Strategie seiner Gegner bisher aufgegangen. Assange, gegen den bisher nicht einmal eine Anklage vorliegt, steckt massiv in Schwierigkeiten. Seit Monaten kam keine nennenswerte Veröffentlichung über seine Plattform Wikileaks zustande.

Er selbst hat seinen bisher offensiv und medienwirksam aufgetretenen Anwalt Mark Stephens in die Wüste geschickt und setzt nun auf die Künste der Menschenrechts-Juristin Gareth Peirce. Aus der Ägide von Stephens stammt noch das Argument, Assange könnte im Falle einer Auslieferung nach Schweden an die USA weitergereicht und nach Guantanamo gebracht werden, wo auf ihn die Todesstrafe wartet. Der Anwalt Julian Knowles bezeichnete dieses Argument am Dienstag im "Guardian" als "hoffnungslos".

Peirce, als Verteidigerin zu Unrecht unter Terrorverdacht festgehaltener Menschen bekannt geworden, ist im Auftreten deutlich bedächtiger als Stephens. Es gilt jetzt schon als sicher, dass im Falle einer Niederlage vor dem High Court die nächste und höchste Instanz, der Supreme Court, tätig werden muss.

Angewiesen auf private Geldgeber

Assange scheint zudem Geldsorgen zu haben. Seit Monaten ist er auf reiche Gönner und seine Fantasie angewiesen. Schon die Kaution für seine Freilassung aus der Haft mussten teils Prominente Wikileaks-Freunde zusammenstottern. Über den Internet-Marktplatz ebay versteigerte Assange jüngst meistbietend Plätze für ein Mittagessen mit ihm.

Zur Party zu seinem 40. Geburtstag lud er viel Prominenz ein - offenbar in der Hoffnung, finanzkräftige Unterstützer zu finden. Auf den Einladungskarten soll sogar vermerkt gewesen sein, wo man am besten mit Privatjet oder Hubschrauber landen könne. "Eine Bahnverbindug stand nicht drauf", merkte ein Gast gegenüber britischen Medien kritisch an.

Assanges autobiografisches Buch, mit dessen Veröffentlichung er Millionen Dollar in die Wikileaks-Kassen spülen und die Rechtsstreitigkeiten von sich selbst und von Wikileaks finanzieren wollte, liegt auf Eis. Offizielle Begründung: Er wolle den US-Behörden keine Informationen liefern, die dann gegen ihn verwendet werden können.

dpa