Filmkritik der Woche: "The Company Men"

Filmkritik der Woche: "The Company Men"
In John Wells' Spielfilmdebüt "The Company Men", das die Finanzkrise von 2008 thematisiert, versuchen Ben Affleck, Tommy Lee Jones und Chris Cooper nach einer Kündigung einen Neustart – mal mehr, mal weniger erfolgreich.
07.07.2011
Von Claudia Lenssen

Bob Walker (Ben Affleck), der smarte Sales-Manager eines Bostoner Logistikunternehmens, düst morgens mit dem Porsche ins Büro. In der Runde, die besorgt die Personalchefin erwartet, flachst er noch entspannt, doch dann trifft es auch ihn: die Kündigung. An diesem Tag verdrücken sich viele Kollegen mit einem Karton voll persönlicher Sachen vom Firmengelände.

"The Company Men", das Kinodebüt des Fernsehproduzenten John Wells, reagiert auf die Immobilien- und Finanzkrise im Herbst 2008. Hektische Fernsehnachrichten im Vorspann erinnern an die Schockwelle der Bankenpleiten, die durch Geschäfte mit faulen Immobilienkrediten ausgelöst wurden. Doch das Drehbuch interessiert sich mehr für die private Seite des Desasters als für komplexe ökonomische Zusammenhänge.

Einem Serienkonzept nicht unähnlich erzählt Wells in "The Company Men" parallele Geschichten. Hier geht es um drei geschasste Leistungsträger: Ben Affleck und Tommy Lee Jones stehen als Stehaufmänner für ein Happy End ein, während Chris Cooper mit seiner Charakterstudie eines resignierenden Losers berührt. Ihre Frauen und Kinder bleiben dabei wie alle Nebenfiguren blasse Stichwortgeber - in der Hauptsache geht es in diesem klassisch erzählten, prominent besetzten Film darum, wie Männer damit fertig werden, wenn sie zugunsten der Börsenrendite ausgespuckt werden.

Selfmademen lassen sich nicht unterkriegen

Selbstvertrauen und Familienbindungen sind die verlässlichsten Stützen für einen Neustart, lautet die gute alte amerikanische Botschaft des Regisseurs. Bob besitzt, was diesen idealtypischen konservativen Lebensentwurf ausmacht: eine patente Frau (Rosemarie DeWitt), die die Rolle der sparsamen Haushaltsmanagerin übernimmt, selbst einen Job findet und den geknickten Mann bei Laune hält. Braucht Bob anfangs noch den Golfclub, um "erfolgreich auszusehen", ist er bald den Porsche und das Eigenheim los und mit den Seinen bei den Schwiegereltern einquartiert. Die Jobsuche entwickelt sich zum surrealen Spießrutenlauf, bis Schwager Jack (Kevin Costner), ein lässiger Workingclass-Hero, dem eingebildeten Betriebswirt Arbeit auf dem Bau gibt, ihn beim Schleppen von Sperrholzplatten schwitzen lässt und nebenbei sinnfällig die Leichtbauweise pseudoklassischer Vorortvillen vor Augen führt.

Bobs älterer Kollege Phil (Chris Cooper) findet solchen Halt nicht. Damit die Nachbarn nichts bemerken, kehrt er erst spät von der Jobsuche heim, die Depression seiner Frau lähmt ihn, die Schulden wachsen ihm über den Kopf. Bobs und Phils Vorgesetzter Gene (Tommy Lee Jones), auch er von Sally (Maria Bello) gekündigt, die gleichzeitig seine Geliebte ist, wird mit einer großen Abfindung hinauskomplimentiert. Er nutzt die Entlassung zunächst als Gelegenheit zum privaten Neuanfang: Die Prachtvilla überlässt er seiner Ehefrau und zieht bei Sally ein, was nicht wirklich hilft.

Offen kritisiert er den Konzernchef, der Mitarbeiter entlässt, statt auf sein neues Luxusbürohaus zu verzichten. Image statt Ethos, virtuelle Geschäfte anstelle ehrlicher Arbeit – Genes trockene Resümees über den Niedergang der Ostküstenindustrie sind zugleich ein Plädoyer fürs pragmatische Anpacken. Also werden Büros gegründet und Freunde eingestellt. Denn Selfmademen lassen sich nicht unterkriegen.

Großbritannien/USA 2010. R: John Wells. B: John Wells. Mit: Ben Affleck, Tommy Lee Jones, Chris Cooper, Kevin Costner. L: 104 Min. FSK: ab 16, ff.

 

epd