Das Spiel ist aus: TV-Sender 9Live stellt seinen Betrieb ein

Das Spiel ist aus: TV-Sender 9Live stellt seinen Betrieb ein
Zehn Jahre lang versuchte 9Live, anrufenden Glücksrittern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Der umstrittene Spielsender rief Medienwächter auf den Plan und gab C-Prominenten eine Fernsehheimat. Nun ist damit Schluss: An diesem Mittwoch stellt 9Live den Sendebetrieb ein.
30.05.2011
Von Sebastian Raabe

Sirenen, blinkende Lampen, ein flehender Jürgen und meist sinnlose Fragen: Knapp zehn Jahre lang hat 9Live viele Millionen Anrufer mit der Aussicht auf das schnelle Geld gelockt. Doch den meisten blieb nur die saftige Telefonrechnung für viele vergebliche Versuche, den hektischen Moderatoren scheinbar simple Lösungen ins Ohr zu sagen. Umstritten war der Quizsender immer. Betrug, riefen viele Kritiker. Den Medienwächtern war 9Live stets ein Dorn im Auge. Doch nun hat die liebe Seele ruh: Zum 31. Mai wird auf 9Live erstmal nichts mehr live sein. ProSiebenSat.1 stellt den zuletzt ungeliebten Sender kalt. Was danach wird, ist noch offen.

Damit geht ein - für Kritiker unerfreuliches - Stück deutscher Fernsehgeschichte zu Ende. Etliche als C-Prominente verspottete Moderatoren werden ihre TV-Heimat verlieren, wie etwa die einstigen "Big-Brother"-Teilnehmer Alida-Nadine Kurras oder Jürgen Milski. Im September 2001 war 9Live unter der Regie der Medienmanagerin Christiane zu Salm, heute Kofler, entstanden - und von Beginn an umstritten, wenn auch zunächst durchaus wirtschaftlich erfolgreich. Das hat sich erledigt, der einstige Zankapfel wird nun erst mal eine Abspielstation für Fernsehkonserven.

Zwielichtiges Image

Der Schnitt hatte sich seit langem angedeutet: Das zwielichtige Image des Senders sorgte in der ProSiebenSat.1-Zentrale vermehrt für Kopfschmerzen, Bußgelder und Betrugsvorwürfe können nämlich abfärben - und seit der Verschärfung der Regeln für TV-Gewinnspiele wuchs die Zahl der Verfahren, während die Umsätze des Senders schrumpften - allein im ersten Quartal 2011 gingen sie um gut ein Drittel auf 9,2 Millionen Euro zurück. Auch die Suche nach allzu absurden Wörtern wie "Baum-Hausfensterbrettputzgarnitur" war mit den Verschärfungen vorbei, die Abschaltung der analogen Satelliten-Ausstrahlung beschleunigte das Siechtum von 9Live.

Und ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling gilt nicht eben als langmütig, wenn es um fehlende Erfolge und sinkende Umsätze geht. Der frühere Pharmamanager hat die Senderfamilie kräftig umgebaut und soll den RTL-Konkurrenten dauerhaft auf Profit trimmen. Schmerzhafte Entscheidungen eingeschlossen. Angesichts der Lage dürfte bei 9Live eigentlich niemand über das Ende überrascht gewesen sein. Ebeling selbst machte nie einen Hehl daraus, dass er nicht der größte Fan des Senders ist. "Mit dem jetzigen Geschäftsmodell kann man leben - aber es ist kein attraktives Leben", sagte er noch vor wenigen Monaten.

dpa