Prediger sagt für Samstag Weltuntergang voraus

Prediger sagt für Samstag Weltuntergang voraus
Für Ende Mai macht Harold Camping keine Termine mehr. Der Rundfunkprediger aus den USA ist davon überzeugt, dass Jesus Christus am 21. Mai wiederkehrt und der Weltuntergang bevorsteht. Aufgrund ihres Glaubens errettete Christen kommen dann laut Camping in den Himmel, für Nichtgläubige dagegen beginne eine Zeit des Leidens und der Weltuntergang. Der Prediger hat aber ein Glaubwürdigkeitsproblem: Beim letzten Mal lag er auch schon falsch.
10.05.2011
Von Konrad Ege

Der 89-jährige Prediger aus Oakland (US-Bundesstaat Kalifornien) will den Stichtag für den Weltuntergang anhand von biblischen Zahlen und Daten ausgerechnet haben. Außerdem sieht er viele aktuelle Anzeichen des nahen Endes, von den Erdbeben in Haiti und Japan bis zum moralischen Zerfall auch in den Kirchen.

Camping verbreitet seine Endzeitbotschaft schon seit Monaten weltweit im Rundfunk und im Internet sowie mit Hilfe von Missionsteams, die in den USA unterwegs sind. Der Prediger mit dem sanften Bariton nimmt an, dass er selber zu den nach seiner Schätzung 200 Millionen Geretteten gehören wird. Und er lässt sich offenbar nicht beirren von weit verbreitetem Spott, seine Hochrechnungen seien total unverständlich, unsinnig und überhaupt nicht biblisch begründet.

Der Endzeitglaube gibt den Menschen Sinn

Endzeitthesen finden im US-amerikanischen Protestantismus seit Jahrzehnten Anhänger nicht nur in Randgruppen. Umfragen zufolge glaubten mindestens 30 Prozent der US-Bürger, die Welt werde zu ihren Lebzeiten untergehen, sagte der Endzeitexperte Daniel Wojcik von der University of Oregon dem epd. Bei einer Erhebung des "Public Policy Research Institute" im März spekulierten 44 Prozent der Befragten, die Unwetter der letzten Zeit deuteten auf die nahe Endzeit hin. 58 Prozent machten den Klimawandel verantwortlich.

Der Glaube an die Endzeit helfe offensichtlich vielen Menschen, ihrem Leben Sinn zu geben und ihre Erfahrungen im "Strom der Geschichte einzuordnen", schreibt der Historiker Paul Boyer in seinem Buch über Endzeitglauben ("When Time Shall Be No More"). Untergangspropheten begründen ihre Warnungen meist mit dem Buch der Offenbarung, dem letzten Buch der Bibel. Die in Allegorien und Symbolen verfasste "Apokalypse" enthält eine Vision des Weltendes und verspricht eine neue und verwandelte Welt, in der das Böse keine Macht mehr haben wird.

Man könne schon die Hufschläge der vier Reiter der Apokalypse hören, warnte der weltweit bekannte Evangelist Billy Graham 1983 in seinem Bestseller über eben diese Reiter, die laut Offenbarung die Boten des Weltuntergangs sind. Fernsehprediger Jack Van Impe aus Michigan berichtet zusammen mit seiner Frau Rexella schon seit Jahrzehnten von Zeichen, das Ende der Welt sei nahe, darunter der sich ausbreitende Islam. Die von 1995 bis 2007 erschienenen 16 Romane der "Left Behind"-Serie über die Apokalypse von Tim LaHaye and Jerry Jenkins wurden in mehr als 60 Millionen Exemplaren verkauft. Der amerikanische Künstler Loren Madsen hat auf einer Zeitleiste viele prophezeite Weltuntergangsdaten zusammengestellt.

Beim letzten Mal war's ein "Rechenfehler"

Meist geben Endzeitpropheten kein genaues Datum an, höchstens das Jahr: Der evangelikale Autor Hal Lindsey warnte in seinem 1970 erschienenen "The Late Great Planet Earth" (mehr als 20 Millionen verkaufte Exemplare) vor dem Ende der Welt 40 Jahre nach der Gründung des Staates Israel (1948). 1980 schrieb Lindsey, das kommende Jahrzehnt sei wohl das letzte Jahrzehnt der Weltgeschichte. Der 2007 verstorbene fundamentalistische Prediger Jerry Falwell erklärte 1999, Jesus Christus werde wohl in den kommenden zehn Jahren wiederkehren.

Christen haben den Endzeitglauben freilich nicht "gepachtet." Auch in der Esoterik-Szene wird vor dem Weltuntergang gewarnt. Angeblich endet am 21. Dezember 2012 eine Epoche des Maya-Kalenders. Der Film dazu, Roland Emmerichs Katastrophenepos "2012", lief bereits 2009 in den Kinos.

Wenn die Apokalypse dann doch nicht eintritt, seien die Gläubigen gewöhnlich "schockiert, verwirrt oder enttäuscht", so Endzeitexperte Wojcik. Aber viele blieben den Propheten treu. Denn diese fänden gewöhnlich Erklärungen für die "Verzögerung", zum Beispiel die, dass die Gläubigen durch ihren festen Glauben die Welt gerettet hätten oder dass Gott in letzter Minute eingegriffen habe. Harold Camping selber ist Paradebeispiel dafür. 1992 prophezeite er, Jesus werde 1994 wiederkehren. Das sei ein Rechenfehler gewesen, räumte er hinterher ein. Diesmal werde das nicht passieren: Samstag, 21. Mai, 18 Uhr.

epd