TV-Tipp: "Tatort: Die Blume des Bösen" (NDR)

TV-Tipp: "Tatort: Die Blume des Bösen" (NDR)
So nah ist dem kühlen Max Ballauf ein Fall selten gegangen. Klaus J. Behrendt darf in diesem packenden Kölner Tatort endlich mal die Tiefe der Figur ausloten.
06.05.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Tatort: Die Blume des Bösen", 9. Mai, 21.00 Uhr im NDR

So nah ist dem kühlen Max Ballauf ein Fall selten gegangen. Klaus J. Behrendt darf endlich mal die Tiefe der Figur ausloten. Und Thomas Stiller (Buch und Regie) ist einer der intensivsten und packendsten "Tatort"-Beiträge aus Köln gelungen. Im Stil amerikanischer Kinokrimis erzählt er eine Geschichte, die weniger von der Suche nach dem Täter lebt, sondern von der Frage, wer das nächste Opfer sein wird; und ob Ballauf in dem Katz-und-Maus-Spiel überhaupt eine Chance hat.

Die Geschichte beginnt zweigleisig. Ballaufs Cousine Beatrice (Nadeshda Brennicke), das schwarze Schaf der Familie, muss zu einer Krebsuntersuchung ins Krankenhaus und bittet ihn, solange Haus, Kind und Katze zu hüten. Derweil treibt ein Unbekannter ein böses Spiel mit dem Kommissar: Als der einen Umschlag öffnet, sprüht ihm eine gelbe Flüssigkeit ins Gesicht. Ein anonymer Anrufer klärt ihn auf: Wenn Ballauf die Säure nicht innerhalb von Sekunden abwäscht, wird sie ihm die Haut wegätzen. Panisch rast der Kommissar zum nächsten Waschbecken. Der üble Streich entpuppt sich zwar als harmlos, doch er ist bloß der Auftakt zu einem Spiel auf Leben und Tod.

Kurz drauf wird eine junge Frau ermordet, mit der Ballauf vor Jahren eine kurze Affäre hatte. Und das nächste Opfer steht bereits fest. Mit dieser Frau war der Kommissar befreundet. Um ihr Leben zu retten, geht er auf die Forderungen des Anrufes ein, der ihn mit 300.000 Euro quer durch Köln von einem Telefon zum nächsten hetzt. Am Ende muss er das Geld vor den Augen von Obdachlosen verbrennen. Weil ihm ein paar Banknoten geklaut werden, betrachtet der Unbekannte den Auftakt als nicht ausgeführt; auch die zweite Frau muss sterben. Langsam wird klar: Hier ist jemand auf Rache aus. Fieberhaft wühlen Ballauf und sein Kollege Schenk (Dietmar Bär) in alten Akten; vergeblich. Dafür gelingt es, das jüngste Rätsel mit dem Hinweis auf das nächste Opfer zu knacken: Die titelgebende "Blume des Bösen" bezieht sich auf ein Gedicht von Beaudelaire; gemeint ist niemand anders als Beatrice.

Spätestens gegen Ende, wenn auch noch Freddy Schenk dem Rächer hilflos ausgeliefert ist, entwickelt dieser "Tatort" eine Spannung, die selbst für diese Krimi-Reihe durchaus ungewöhnlich ist.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).