Koranverbrennung in den USA: Afghanen greifen UN an

Koranverbrennung in den USA: Afghanen greifen UN an
Ein radikaler Christ verbrennt am 20. März in den USA einen Koran - jetzt mussten dafür bei einer Demonstration in Afghanistan zwölf Menschen sterben, darunter sieben UN-Mitarbeiter. Die Tat wird weltweit verurteilt.

Ein Mob in Afghanistan hat am Freitag mehrere Helfer der Vereinten Nationen getötet. Sieben ausländische UN-Mitarbeiter starben, als ihr Büro angegriffen und angezündet wurde. Auch fünf Demonstranten starben. Der Angriff wurde weltweit mit Entsetzen aufgenommen und scharf verurteilt. Der UN-Sicherheitsrat trat auf deutschen Antrag zu einer Sondersitzung zusammen.

Die Demonstranten waren anlässlich einer Koranverbrennung in den USA aufgewiegelt worden, die bereits am 20. März in den USA passierte und bei der auch Pastor Terry Jones zugegen war. Jones hatte ursprünglich vorgehabt, am 11. September 2010 einen Koran zu verbrennen. Politischer Druck hatte ihn damals von dem Vorhaben abgehalten.In Masar-i-Scharif zog der Mob zu einem UN-Büro und tötete drei ausländische Mitarbeiter und vier nepalesische Soldaten, die das Gelände beschützen wollten.

Auch am Samstag starben bei neuen gewalttätigen Protesten wieder Menschen. Behördensprechern zufolge seien bei Protesten in der südafghanischen Stadt Kandahar vier Demonstranten getötet und mehr als 30 weitere Menschen verletzt worden. Mehr als 2.000 Menschen hatten demnach gegen die Koranverbrennung protestiert und dabei Autos angezündet. Die Polizei hatte zunächst mit Schüssen in die Luft versucht, die Menge unter Kontrolle zu bringen.

Aufklärung von der afghanischen Regierung gefordert

Woher die getöteten Männer und Frauen der UN-Mission kamen, war nach der Tat noch unklar, es sollen aber eine Norwegerin und ein Schwede sein unter den Opfern sein. Nur Stunden zuvor war eine schwedische UN-Mitarbeiterin in der Elfenbeinküste von einem Querschläger getötet worden. Die russische Botschaft in Kabul teilte mit, dass der russische Leiter der UN-Mission verletzt worden sei. Ein Polizeibeamter, der ungenannt bleiben wollte, sagte, einige der ermordeten UN-Mitarbeiter seien enthauptet worden.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte den Überfall forderte von der afghanischen Regierung Konsequenzen und eine lückenlose Aufklärung. Der deutsche Vizebotschafter Miguel Berger sprach sich in der von Deutschland beantragten Sondersitzung für eine schnelle und entschiedene Reaktion des Sicherheitsrates aus. Die Verantwortlichen müssten gefunden und bestraft werden.

Auch andere Staaten forderten, dass Kabul durchgreift. "Die Regierung muss handeln und die Schuldigen der Justiz zuführen", sagte Kolumbiens UN-Botschafter Nestor Osorio, der am Morgen turnusgemäß den Vorsitz des mächtigsten UN-Gremiums für den April übernommen hatte.

"Abscheulicher und feiger Überfall"

Untergeneralsekretär Alain Le Roy, verantwortlich für alle UN-Friedensmissionen, dementierte Berichte, dass UN-Mitarbeiter entführt worden seien. "Alle anderen sind in Sicherheit. Viele sind verletzt, aber in Sicherheit." Unter den sieben Toten sind auch vier nepalesische UN-Soldaten. "Sie haben alles versucht, um das Gelände zu schützen, aber es waren einfach zu viele. Da waren Hunderte, vielleicht tausende Demonstranten, viele bewaffnet." Der Angriff habe anscheinend nicht den UN direkt gegolten: "Sie haben einfach ein internationales Ziel gesucht. Und die UN waren da."

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wies seinen Sondergesandten Staffan de Mistura an, sofort zum Tatort zu eilen und die Hintergründe des Überfalls zu klären. "Das war ein abscheulicher und feiger Anschlag auf Mitarbeiter der Vereinten Nationen, der unter keinen Umständen gerechtfertigt werden kann", sagte Ban bei einem Besuch in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. US-Präsident Barack Obama verurteilte den Anschlag auf die "tapfere Männer und Frauen", die sich für den Aufbau Afghanistans eingesetzt hätten.

Auch die Gewerkschaft der UN-Mitarbeiter reagierte mit Abscheu. "Wieder einmal wurden Menschen getötet, die einfach nur dem Volk in einem kriegsgeplagten Land helfen wollten." Nach Angaben der Verbindung gehört Afghanistan zu den gefährlichsten Dienstorten für die Mitarbeiter der Vereinten Nationen: Im August 2009 wurden zwei UN-Helfer durch eine Autobombe in Kabul getötet. Zwei Monate später starben fünf Mitarbeiter beim Angriff auf ein UN-Gästehaus. Am Heiligen Abend 2009 wurde ein Mann vor einem Lebensmittellager des Welternährungsprogramms in Kandahar getötet. Im Juni vergangenen jahres wurde ein Helfer in Kabul erschossen.

Vorbeter soll die Menschen aufgewiegelt haben

Der Sprecher der Regierung der Provinz Balch, Munir Ahmad Farhad, sagte, hunderte Menschen hätten von einer Moschee ausgehend zunächst friedlich demonstriert. Die Proteste seien gewalttätig geworden, als die Männer das UN-Büro erreicht hätten. Der Mob habe die Wachmänner überwältigt, das UN-Gelände gestürmt und das Gebäude in Brand gesteckt. Polizisten, die zur Verstärkung anrückten, seien mit Steinen beworfen worden. Nach Angaben aus der Polizei hatte ein Vorbeter in der Moschee die Menschen aufgewiegelt.

Am Flughafen von Masar-i-Scharif unterhält die Bundeswehr ihr größtes Feldlager in Afghanistan. Am Tag des Überfalls hatte Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) seine Afghanistan-Reise in Kundus beendet. Zum Auftakt war er am Dienstag in Masar-i-Scharif gewesen.

dpa