Hohe Gebühren, dürftiger Service: Neuer Pfändungsschutz hat Tücken

Hohe Gebühren, dürftiger Service: Neuer Pfändungsschutz hat Tücken
Schuldner können seit dem 1. Juli 2010 ihr Einkommen leichter vor Pfändung schützen. Wollen sie ihr Existenzminimum vor dem Zugriff der Gläubiger schützen, dann müssen sie ihr Giro-Konto von der Bank als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) führen lassen. Doch ein P-Konto ermöglicht oft nur stark eingeschränkte Geldgeschäfte, kritisieren Experten. Zudem verlangen manche Geldinstitute doppelt so hohe Gebühren wie für ein normales Konto. Dieser Zustand beschäftigt bereits die Gerichte.
22.02.2011
Von Dirk Baas

"Das Pfändungsschutzkonto ist ein Meilenstein", urteilt Christina Buchmüller, Referentin Schulden und Insolvenz beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Bis zur Reform des Kontopfändungsschutzgesetzes vor gut einem halben Jahr führte die Pfändung eines Giro-Kontos zur kompletten Blockade: Überweisungen oder Lastschriften von Mieten, Energiekosten oder Versicherungsbeiträgen wurden nicht mehr abgewickelt. Wer sich vor Pfändung schützen wollte, musste die Vollstreckungsgerichte bemühen. Dagegen schützt das P-Konto zuverlässig ein monatliches Existenzminimum von derzeit 985,15 Euro, betont die Expertin. Und: Überweisungen oder das Abheben von Geld sind zumindest eingeschränkt weiter möglich.

250.000 Konten seit Einführung

Die Banken sind verpflichtet, jedem Schuldner auf Antrag sein bestehendes Giro-Konto als P-Konto zu führen; die Bankverbindung bleibt bestehen. Nach Angaben der Schufa haben davon bislang bundesweit rund 250.000 Konto-Inhaber Gebrauch gemacht. Die Schufa prüft unter anderem die Kreditwürdigkeit von Bankkunden.

Der unpfändbare Grundbetrag kann erhöht werden, wenn der Kontoinhaber gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen zum Beispiel für Kinder erfüllen muss. Dazu müssen die Banken bestimmte Bescheinigungen verlangen. Diese Papiere zu bekommen, gestaltet sich für Schuldner mitunter schwierig.

Neben Arbeitgebern, Familienkassen, Jobcentern und Rechtsanwälten dürfen nur die Insolvenzberatungsstellen diese Dokumente ausstellen. Thomas Zipf, Schuldnerberater in Darmstadt: "Hier hat sich eine Baustelle aufgetan, die unsere eigentliche Beratungsarbeit behindert." Denn bevor die gewünschte Bescheinigung ausgestellt werden könne, müssten zunächst Leistungsbescheide der Behörden genau geprüft werden. Das binde Zeit und Personal auf Kosten der regulären Schuldnerberatung, deren Einrichtungen ohnehin schon lange Wartelisten führen.

Jeder 14. Haushalt ist überschuldet

Seit 1990 hat sich die Zahl der überschuldeten Haushalte mehr als verdoppelt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind es rund drei Millionen. Damit kann jeder 14. Haushalt seine laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen. Einer Untersuchung des Bundesjustizministeriums zufolge würden jeden Monat bundesweit 350.000 Konten gepfändet, berichtet Verbraucherschützerin Buchmüller. Sie kritisiert, dass es keinen Rechtsanspruch der Bürger auf ein Giro-Konto gibt: "Davon sind wir noch weit entfernt." Vom P-Konto kann nur profitieren, wer bereits ein Konto hat.

Wie restriktiv die Kreditinstitute mit klammen Kunden umgehen, zeigt eine Untersuchung der Zeitschrift Ökotest, die im November veröffentlicht wurde. Nur 27 von 69 befragten Instituten, vor allem Sparkassen, gaben an, freiwillig auch für Neukunden ein P-Konto zu eröffnen.

Kein Online-Banking, keine EC-Karte

Doch die P-Konten haben Tücken. Viele Kreditinstitute verlangen deutlich höhere Gebühren als bei normalen Giro-Konten. Außerdem ist der Service meist eingeschränkt: Oft ist Onlinebanking nicht möglich, oder es wird keine EC-Karte ausgegeben. Buchmüller ist diese Praxis ein Dorn im Auge: "Kein Schulder kann sich Gebühren von 15 Euro oder mehr im Monat leisten." Die Bundesregierung müsse festschreiben, dass die Umstellung auf ein P-Konto nicht mehr Geld kostet als vorher.

Erste Urteile, in dem Banken wegen überhöhter P-Kontogebühren zwischen 7 Euro und 15 Euro den Kürzeren gezogen haben, liegen bereits vor. Es sehe gut aus, dass dem Gebührenwahn beim P-Konto ein Ende gesetzt wird, sagt die Wiesbadener Anwältin Heidrun Jakobs: "Ich hoffe, dass die Kreditinstitute von sich aus zu einer fairen Gebührengestaltung übergehen."

epd