Regierung und Opposition einigen sich im Hartz-IV-Streit

Regierung und Opposition einigen sich im Hartz-IV-Streit
In einem nächtlichen Kraftakt haben sich Koalition und SPD doch noch auf ein Gesamtpaket im Hartz-IV-Streit geeinigt. Der Regelsatz steigt rückwirkend zum 1. Januar wie geplant um 5 auf 364 Euro. Die Grünen waren vor der Einigung frustriert aus den Gesprächen ausgestiegen.

Der Regelsatz für rund 4,7 Millionen Hartz-IV-Empfänger steigt rückwirkend zum 1. Janaur um 5 auf 364 Euro. Die Hoffnung auf einen weiteren Zuschlag um drei Euro bereits zur Jahresmitte zerschlug sich bei den Hartz-IV-Verhandlungen am frühen Montagmorgen. Bund und Länder haben sich damit aber nach rund achtwöchigem Tauziehen auf ein Hartz-IV-Gesamtpaket verständigt.

Danach soll es beim Regelsatz Anfang 2012 eine weitere Erhöhung von 3 Euro geben, die dann noch um einen prozentualen, an Inflation und Lohnentwicklung orientierten Aufschlag ergänzt wird.

Schwesig: Bedenken bleiben nach Hartz-IV-Einigung

Die SPD wertet den Kompromiss im wochenlangen Verhandlungspoker um ein neues Hartz-IV-Gesamtpaket als Erfolg. "Das kann sich insgesamt sehen lassen", sagte die Verhandlungsführerin der Sozialdemokraten, Manuela Schwesig, am Montag im ZDF-Morgenmagazin.

Dennoch habe ihre Partei weiterhin Bedenken bei der Berechnung der Regelsätze für die rund 4,7 Millionen Hartz-IV-Empfänger. "Wenn die Bundesregierung an dieser Stelle auf ihrer juristischen Meinung beharrt, dann muss sie da auch die Verantwortung übernehmen, wenn das Verfassungsgericht es noch einmal anders entscheidet."

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wies diese Bedenken im ZDF zurück. "Ich glaube, dass diese politische Entscheidung auch vor Gericht Bestand haben wird." Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr neue Grundlagen für die Hartz-IV-Sätze gefordert.

"Schwere Geburt"

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zeigte sich nach den gut 10-stündigen, mehrfach unterbrochenen Verhandlungen erleichtert, "dass wir ds hier geschafft haben". Sie nannte das Ergebnis eine "gute Lösung" und sprach von einer "schweren Geburt". Es gebe nun einen "verfassungskonformen Regelsatz".

Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU), sagte, es sei ein Paket geschnürt worden, das auch Mindestlöhne enthalte. Sein rheinland-pfälzischer Amtskollege Kurt Beck (SPD) hob hervor, damit profitierten künftig 1,2 Millionen Beschäftigte von Mindestlöhnen. Für die Zeit- und Leiharbeit soll es Lohnuntergrenzen geben, die auch in verleihfreien Zeiten nicht unterschritten werden dürfen.

Für Beck sind beim Regelsatz "noch nicht alle Zweifel ausgeräumt". Er nehme aber zur Kenntnis, dass die Regierung dessen Verfassungskonfomität als gegeben ansehe. Derzeit liegt der Regelsatz bei 359 Euro im Monat. Die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Neuberechnung ist seit 1. Januar überfällig.

Das Ergebnis muss zunächst noch vom Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag offiziell gebilligt werden. Dies soll am kommenden Dienstag geschehen. Danach stimmen beide Parlamente gesondert darüber ab. Dies gilt nach der Verständigung von Koalition und Opposition aber als reine Formsache.

Vor Beginn der Verhandlungen hatte es Signale gegeben, im laufenden Jahr könne es eine zweistufige Regelsatzerhöhung geben: 5 Euro rückwirkend zum 1. Januar, 3 Euro zusätzlich zur Jahresmitte. Damit wäre der Regelsatz von derzeit 359 Euro auf 367 Euro gestiegen.

Grüne steigen aus

Noch bevor ein Ergebnis präsentiert wurde, verabschiedeten sich die Grünen frustriert aus den Gesprächen. "Es bewegt sich nichts", kritisierte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast. "Wir können daran nicht weiter mitarbeiten."

Beim Thema Regelsatz würden "nur noch drei Euro hin- und hergeschoben", sagte sie. Es sei nicht erkennbar, "den Regelsatz verfassungskonform zu machen."

Die drei Länderchefs Beck, Böhmer und Horst Seehofer (CSU/Bayern) hatten in der vergangenen Woche einen Kompromissvorschlag vorgelegt, den Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger von derzeit 359 Euro nicht nur um fünf, sondern um acht Euro monatlich anzuheben. In diese neue Berechnung wurde die Kostenentwicklung des ersten Halbjahres 2010 einbezogen. Diese Variante scheiterte aber am Widerstand aus CDU und FDP.

dpa