Göring-Eckardt lehnt PID ab - Sozialethiker für Freigabe

Göring-Eckardt lehnt PID ab - Sozialethiker für Freigabe
In der evangelischen Kirche wird über die Zulassung von Gentests an Embryonen weiter kontrovers debattiert. Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Katrin Göring-Eckardt, warnte am Freitag, eine Freigabe der Präimplantationsdiagnostik (PID) führe zu einer Schieflage der ethischen Diskussion. Hingegen argumentierte der evangelische Sozialethiker Hartmut Kreß, bei dem umstrittenen Verfahren gehe es um das Wohl des erhofften Kindes.

In intensiven Beratungen im Rat der EKD hätten sich die zuvor unterschiedlichen Positionen zum Thema Gentests an Embryonen deutlich angenähert, sagte Pressesprecher Reinhard Mawick am Freitag dem epd. Das Leitungsgremium werde die Beratungen fortsetzen. Eine Erklärung werde die EKD-Spitze "baldmöglichst" im Februar abgeben, ergänzte Mawick. 

Die EKD hatte sich 2003 gegen eine Zulassung der PID ausgesprochen. Derzeit wird über eine gesetzliche Neuregelung debattiert, weil der Bundesgerichtshof im Juli 2010 das bisherige Verbot gekippt hatte. Über die ethische Bewertung der PID gibt es in der evangelischen Kirche unterschiedliche Standpunkte, von der katholischen Kirche wird sie vehement abgelehnt.

Der Ratsvorsitzende und rheinische Präses Nikolaus Schneider hält eine Anwendung der PID unter strengen Auflagen für denkbar. Seine Initiative, in der EKD neu über die PID zu beraten, habe vor allem das Ziel, den betroffenen Paaren gerecht zu werden, hatte Schneider am Mittwoch in Berlin gesagt. Neben theologischen Aspekten müssten bei der christlich-ethischen Urteilsbildung vor allem seelsorgerliche Erwägungen einbezogen werden.

Gegen "ein bisschen PID"

Gegen eine Zulassung der PID wandte sich die Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt. Eine Freigabe der Präimplantationsdiagnostik führe zu einer Schieflage der ethischen Diskussion, warnte sie in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitagsausgabe). Die Präimplantationsdiagnostik relativiere das christliche Menschenbild, indem sie auswähle und festlege, welches Leben lebenswert sei und welches nicht, argumentiert die Grünen-Politikerin Göring-Eckardt. Den Befürwortern einer eng begrenzten PID-Nutzung hält sie die Frage entgegen, wer diese "engen Grenzen" bestimmen wolle. "Ein bisschen christliches Menschenbild gibt es nicht, ein bisschen PID darf es nicht geben."

Auch der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Landesbischof Johannes Friedrich, lehnt die Zulassung von PID strikt ab. Hingegen argumentierte der evangelische Sozialethiker Hartmut Kreß, bei dem umstrittenen Verfahren gehe es um das Wohl des erhofften Kindes. Ein Verbot sei von der Sache her nicht plausibel, wie ein Vergleich mit der vorgeburtlichen Untersuchung zeige, schreibt Kreß in der evangelischen Zeitschrift "zeitzeichen". "Für eine Frau ist eine künstliche Befruchtung mit PID in der Regel erträglicher als eine monatelange Schwangerschaft mit Pränataler Diagnostik und nachfolgendem Abbruch."

Der in Bonn lehrende Theologieprofessor räumt ein, dass Gentests an Embryonen auch ethische Schattenseiten aufweisen, indem das Verfahren das Absterben genetisch belasteter Frühembryonen in Kauf nehme. Da der Status früher Embryonen religiös und philosophisch unterschiedlich eingeschätzt werde, sollte der Staat keine Festlegungen treffen. Bei der PID habe er die Gewissensfreiheit, die Persönlichkeitsrechte und das Selbstbestimmungsrecht der Paare zu respektieren, die ein Kind wünschen.

Katholischer Bischof: "Wehret den Anfängen"

Verwundert über die PID-Diskussion in der evangelischen Kirche äußerte sich unterdessen der katholische Bischof Felix Genn. Es wäre verheerend, wenn Christen bei der PID nicht mit einer Stimme sprechen würden. "In dieser Frage gilt tatsächlich: Wehret den Anfängen", sagte er der Kirchenzeitung "Kirche+Leben" (Münster). Genn fügte hinzu: "Die PID verletzt den Grundsatz der Unantastbarkeit und Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens."

Wie zuvor bereits der Kölner Kardinal Joachim Meisner äußerte sich Genn besorgt über die Zukunft der evangelisch-katholischen Zusammenarbeit bei der "Woche für das Leben". "Angesichts des bisher Gesagten bin ich sehr besorgt. Dem gemeinsamen Zeugnis für das Leben wäre die Grundlage entzogen", fügte er hinzu.

Die katholische Ökumene-Expertin Dorothea Sattler sagte in "Kirche+Leben", im Blick auf Beginn und Ende des menschlichen Lebens gebe es "noch immer ein hohes Maß an Übereinstimmung in der ethischen Urteilsbildung der Kirchen". Es sei dabei nicht leicht, mit der Schwierigkeit umzugehen, "dass es keine Einmütigkeit in der evangelischen Beurteilung mancher Sachverhalte gebe", ergänzte die Theologin.