Mit Bernd Eichinger geht ein Filmproduzent der alten Schule

Mit Bernd Eichinger geht ein Filmproduzent der alten Schule
Der im Alter von nur 61 Jahren verstorbene bayerische Produzent hat hollywoodreifes Kino made in Germany abgeliefert. Eichingers Faible fürs Kommerzielle gefiel jedoch nicht jedem.
26.01.2011
Von Alexander Gajic

Er galt als Besessener, als maßlos und haltlos und vor allem - wie er selbst betonte - als "filmsüchtig". Bernd Eichinger war ein Produzent der alten Schule, ein Tycoon, wie es sie im goldenen Zeitalter des Hollywood der 30er und 40er Jahre gegeben hatte. Nicht einfach nur ein Geldgeber und Organisator, der dafür sorgt, dass Filme gemacht werden, sondern einer, der sich selbst bis zum letzten kreativ in seine Werke einbrachte. Er produzierte nicht nur, sondern schrieb häufig auch an Drehbüchern mit und übernahm gelegentlich sogar die Regie.

Rückblickend betrachtet es waren vor allem Buchverfilmungen, die es dem 1949 in Neuburg an der Donau Geborenen angetan hatten. Nach seinen Anfangsjahren in der Szene des Neuen Deutschen Films, in denen er mit seiner ersten Firma Solaris Filme von Wim Wenders, Edgar Reitz und H. J. Syberberg produzierte, begann Eichingers Triumphzug von Verfilmungen jener literarischen Werke, die exakt in die schmale Spalte zwischen Feuilletonlob und Massenphänomen passen. Den Generationenroman "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" (1981) etwa, einen seiner ersten großen Erfolge und seine erste Zusammenarbeit mit Regisseur Uli Edel, ein ehemaliger Kommilitone, mit dem er 2008 auch sein letztes großes Projekt "Der Baader Meinhof Komplex" realisierte.

Großproduktionen als Markenzeichen

Sein internationaler Durchbruch war "Die unendliche Geschichte" (1984, Regie: Wolfgang Petersen) nach Michael Endes Jugendbuchklassiker. Eichinger drehte ihn auf englisch, mit internationaler Finanzierung, aber in Deutschland - in den Münchner Bavaria Filmstudios, die nicht zuletzt durch Eichingers Produktionen wieder zu einem ernstzunehmenden europäischen Filmstandort wurden. In München übernahm er 1979 auch die angeschlagene Produktionsfirma Constantin Film und machte sie in den darauffolgenden Jahren als Neue Constantin zu einer der festen Größen der deutschen Filmlandschaft. Erst 2006 gab er seine letzten Anteile ab.

Das Modell "internationale Großproduktionen made in Germany" machte Schule. Mit Filmen wie "Der Name der Rose" (1986) mit Sean Connery, "Das Geisterhaus" (1993) nach dem Roman von Isabel Allende, "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" (1997) und schließlich "Das Parfum" (2006) zementierte Bernd Eichinger seinen Ruf als globaler Filmunternehmer: Eichinger-Produktionen, zuletzt "Der Untergang" (2004) und "Der Baader Meinhof Komplex" wurden mehrfach für den Oscar nominiert, 2003 gewann das von Eichinger koproduzierte Drama "Nirgendwo in Afrika" unter der Regie von Charlotte Link den Filmpreis. Zuvor hatte er für seine knapp 100 Filme in 35 Jahren bereits unzählige Deutsche und Bayerische Filmpreise gewonnen. Im vergangenen Jahr wurde er von der Deutschen Filmakademie für sein Lebenswerk geehrt.

Zeitlebens eine streitbare Figur

Dass freilich nicht jeder seiner Filme, darunter viele leichte deutsche Komödien, preiswürdig war, kümmerte Eichinger zeitlebens wenig. Wahre Filmliebhaber lieben eben alle Filme, nicht bloß solche, die von den Feuilletons gelobt werden. Dass er am Montag (24. Januar) mit erst 61 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts in seiner Wahlheimat Los Angeles starb, dürfte hingegen auch seine Kritiker geschockt haben. Eichinger war eine streitbare Figur, aber immerhin konnte man sich über seinen brillanten Größenwahn auch trefflich aufregen.

Helmut Dietls Film "Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief" (1997) soll lose von Eichingers Jagd nach den Rechten an Patrick Süskinds Roman "Das Parfum" inspiriert sein. Die an Eichinger angelehnte Produzentenfigur heißt dort Oskar Reiter und wird von Heiner Lauterbach gespielt. Reiters Credo, so betont er immer wieder, lautet "Film ist Krieg". Wie immer man das sehen mag - Eichinger hinterlässt eine unübersehbare Lücke. Denn echte filmsüchtige Tycoons wie er sind selten geworden.

epd