TV-Tipp des Tages: "Astronaut Farmer" (ARD)

TV-Tipp des Tages: "Astronaut Farmer" (ARD)
Diese Geschichte ist derart schräg: Ein texanischer Bauer, der mit eigenen Händen eine Rakete konstruiert, um ins All zu fliegen: Das ist verrückt; mindestens.
30.12.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Astronaut Farmer", Nacht zum 2. Januar, 0.05 Uhr im Ersten

Ein absurder Sendetermin für diesen Film, aber vielleicht findet er ja trotzdem sein Publikum. Diese Geschichte ist derart schräg: Eigentlich kann man sich so was gar nicht ausdenken. Ein texanischer Bauer, der mit eigenen Händen eine Rakete konstruiert, um ins All zu fliegen: Das ist verrückt; mindestens. Andererseits gibt es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als sich unsere Schulfantasie träumen lässt. "Astronaut Farmer" ist zwar kein Dokumentarfilm, aber die Geschichte könnte durchaus wahr sein; Texaner sind ein ganz besonderes Völkchen.

Etwas besonderes sind auch die Umstände, unter denen der Film entstanden ist: Michael (Buch und Regie) und Mark Polish (Buch) haben ihn gegen die Übermacht Hollywood als unabhängige Produzenten hergestellt. Dabei hat ihr Werk alles, was ein großer Film braucht: einen faszinierenden Protagonisten, eine fesselnde Geschichte, überzeugende Spezialeffekte; und mit Gast-Star Bruce Willis sogar einen veritablen Vertreter des Blockbuster-Kinos. Vor allem aber steht der Held ganz wie im Mainstream aus Hollywood für den amerikanischen Traum: Schon als Kind wollte Charles Farmer (Billy Bob Thornton) ins All fliegen.

Nur noch das Benzin fehlt

Als sein Vater schwer krank wurde, musste er die Ausbildung zum Astronauten abbrechen und die heimische Farm übernehmen. Seither hat er sein Vorhaben weiter verfolgt: In der Scheune ist im Lauf der Jahre eine Atlas-Rakete entstanden, die mittlerweile startklar ist; Farmer fehlt bloß noch Treibstoff, aber just jetzt ist ihm das Geld ausgegangen. Die Suche nach 10.000 Liter Sprit hat außerdem FBI und CIA alarmiert, die überzeugt sind, einem Terroristen auf der Spur zu sein.

Sieht man mal von der riesigen Rakete ab, erzählt "Astronaut Farmer" die durchaus bodenständige Geschichte eines einfachen Mannes, der gegen alle Widerstände an den amerikanischen Traum glaubt. Natürlich ist die Botschaft naiv, und die Polish-Brüder servieren sie ohne jede Ironie, aber dafür nicht zuletzt dank der Musik (Stuart Matthewman) und großartiger Bilder (M. David Mullen) mit viel Pathos. Fast noch mehr als eine Hommage an den "American Dream" ist der zwar weitschweifig, aber nie langweilig erzählte Film jedoch eine Huldigung der Familie, ohne deren Unterstützung Farmer seine Pläne nie hätte verwirklichen können; und so spiegelt "Astronaut Farmer" die Erfolgsgeschichte seiner Schöpfer auf gleich zweifache Weise.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).