Der Stern von Bethlehem: Was war er wirklich?

Der Stern von Bethlehem: Was war er wirklich?
Astronomen rätseln seit Jahrhunderten über die Gestalt des Sterns von Bethlehem. War es eine Supernova? Oder doch nur eine ungewöhnliche Sternenkonstellation?
20.12.2010
Von Jörg Nielsen

Mit einem Knopfdruck lässt die Physikerin Sandra Vogel die Sonne untergehen, und die ersten Sterne am Himmel blinken. Die Illusion des nächtlichen Sternenhimmels samt Milchstraße ist perfekt. Sie drückt einen weiteren Knopf, und schon kommt das erwartete "Aaah" und "Oooh". Hannah (12) und Geeske (10) zeigen mit dem Finger in den Himmel: "Guck mal, Sternschnuppen!" Sandra Vogel lässt noch ein paar mehr davon über den Himmel streifen. "Schließlich ist ja bald Weihnachten. Da sollen doch viele Wünsche in Erfüllung gehen", sagt sie.

An diesem Abend geht es im Bremer Olbers-Planetarium um eines der vielen Geheimnisse um Weihnachten: Seit Jahrhunderten ranken sich Mythen und Legenden um den berühmten Stern von Bethlehem. In der Bibel berichtet nur der Evangelist Matthäus von dem Stern, der den drei weisen Männern aus dem Osten den Weg zum neu geborenen Jesuskind in der Krippe gezeigt haben soll.

Wissenschaftler und Künstler haben immer wieder über seine Gestalt gerätselt. Auf vielen Gemälden und auf Krippen wird er als Komet oder als hell strahlender Stern dargestellt. Doch heute halten Astronomen und Physiker eine besondere Planeten-Konstellation am wahrscheinlichsten. "Bei der Geburt Jesu hat leider niemand alles akribisch aufgezeichnet", sagt der Oldenburger Theologie-Professor Wolfgang Weiß.

Supernova? Komet? Sternenkonstellation?

Lange galten Kometen als Favoriten für den Weihnachtsstern. Sandra Vogel lässt den Kometen Hale-Bob am Himmel erstrahlen, wie er 1997 am Winterhimmel zu sehen war. "Mit seinem schönen hellen Schweif sah er schon wie ein richtiger Hinweispfeil aus", sagt sie. "Aber der war es nicht." Kometen gelten von Alters her als Unglücksboten und seien somit kaum die richtigen Botschafter für die Geburt Jesu. So wurde in Rom das Erscheinen des Halleyschen Kometen im Jahr 12 vor Christus für den Tod des Generals Agrippa verantwortlich gemacht.

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"Ein weiterer Kandidat wäre ein explodierender Stern, eine Supernova", erläutert Vogel und blendet mit einem Blitz begleitet von einem lautem Knall die Planetariumsbesucher. Solch ein Explosionsblitz hätte den Nachthimmel taghell erleuchten müssen. Eine leuchtende Wolke der ausglühenden Sternreste wäre noch wochenlang zu sehen gewesen. Doch die Physikerin winkt wieder ab. "Die Astronomen haben den Himmel vergeblich nach Spuren einer rund 2.000 Jahre alten Supernova abgesucht."

Letztlich tippten die Sternenforscher Vogel zufolge auf eine besondere Planetenkonstellation. Schon der deutsche Astronom Johannes Kepler (1571-1630) hatte berechnet, dass im Jahr sieben vor Christi Geburt die beiden Planeten Jupiter und Saturn in besonderer Weise am Himmel standen. "Die antiken Sternenkundigen sahen in Jupiter den König der Planeten. Saturn mit seinen charakteristischen Ringen stand für Israel", sagt die Physikerin und lässt die beiden Planeten sich immer weiter annähern, bis sie im Dezember des Jahres 7 vor Christus im Sternbild der Fische scheinbar verschmelzen. "Und dieses Sternbild stand für Palästina und Geburt."

Statt UFO nur zwei Sterne

Für die damaligen Astronomen und Astrologen war die Deutung dieser Konstellation unzweifelhaft: In Palästina wird den Juden der lange erwartete neue König geboren. Außerdem dürften sie die Weissagungen der jüdischen Bibel gekannt haben, denen zufolge der neue König in Bethlehem geboren werden soll: dem Geburtsort des legendären Königs David.

Doch Skeptiker argumentieren bis heute dagegen. Zwei Planeten, die dicht beieinanderstehen, seien für die meisten Menschen angesichts der vielen Sterne gar nicht zu erkennen.

Sandra Vogel wirft mit einem Diaprojektor ein Foto an den Planetariumshimmel, das sie selbst im Februar 1999 geschossen hat: Vier Wochen lang war damals der Himmel über Norddeutschland mit Wolken verhangen. Als er dann eines Tages in den frühen Morgenstunden aufriss, standen Jupiter und Venus so dicht zusammen, dass sie sich fast berührten und wie zwei Scheinwerfer aussahen. "Bei uns im Planetarium, der Feuerwehr und der Polizei gingen Hunderte aufgeregter Anrufe ein. Alle meinten, ein UFO gesehen zu haben." Zwei kleine Lichtpunkte am Himmel reichten aus, um die Aufmerksamkeit der Menschen zu wecken. "Warum sollten die Menschen damals weniger aufmerksam gewesen sein?"

epd