“Zu viele Friedensprozesse, zu wenig Frieden”

“Zu viele Friedensprozesse, zu wenig Frieden”
“In meinen 48 Lebensjahren habe ich acht Kriege erlebt!” Diese traurige Bilanz zog Pfarrer Dr. Mitri Raheb aus Bethlehem am Wochenende (5.-7. November) in der Dortmunder St. Reinoldi-Kirche. “Palästina ist ein einziges Schlachtfeld!” Es gebe im Nahen Osten zu viele Friedensprozesse und zu wenig Frieden, stellte der bekannte Theologe und Träger des Aachener Friedenspreises fest. Auch der Vermittlungsversuch von Präsident Obama sei mittlerweile gescheitert. Solange der israelische Siedlungsbau nicht gestoppt würde, gebe es keine Hoffnung auf einen gerechten Frieden. “Bethlehem wird erwürgt von der Mauer.”

Den Christen in Deutschland warf Raheb vor, dass sie nach dem Holocaust immer noch versuchten, ihr Gewissen durch eine pro-israelische Haltung zu erleichtern. “Das können sie tun, aber nicht auf unsere Kosten!“ Es gebe eine “falsche Liebe” zum Staat Israel. Wahre Liebe scheue nicht die Kritik. “Man stoppt ja auch den Freund, wenn er betrunken Auto fahren will.”

In der lutherischen Gemeinde von Bethlehem hat Raheb den “Dar al Kalima”-Verein gegründet. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kultur, Bildung und Gesundheit der einheimischen palästinensischen Bevölkerung zu fördern. “Die jungen Menschen sollen Kunst und Tanz erlernen und nicht, wie man Kriege führt!”

Der Bischof der Pommerschen Evangelischen Kirche, Hans-Jürgen Abromeit, bestätigte als Koreferent die Verantwortung Europas für den Nahostkonflikt. Er kritisierte unter anderem die anhaltende “religiöse Aufladung” des Staates Israel. Jesus habe Gewaltlosigkeit gepredigt. In seiner Verkündigung habe das Land Israel keine heilsgeschichtliche Bedeutung mehr gehabt.

“Dar al-Kalima” (übersetzt: Haus des Wortes) ist Teil der evangelisch-lutherischen Weihnachtskirchengemeinde in Bethlehem. Dazu gehört eine evangelische Privatschule mit bis zu 350 Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Konfessionen und Religionen. Zum anderen fördert die Akademie einheimische Künstler und Künstlerinnen und bildet in Tourismusführung aus. Kurse in Malen, Töpfern und Tanzen sollen den Menschen Selbstwertgefühl und Stolz auf ihre palästinensische Kultur vermitteln. Das Gesundheits- und Erholungszentrum wurde mit dem Ziel geschaffen, einer leidenden Gesellschaft unter den Bedingungen der Besetzung Hoffnung zu vermitteln und Wege zur Heilung aufzuzeigen.
Die Evangelische Kirche von Dortmund und Lünen ist Mitglied im Förderverein von Dar al-Kalima.

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