Geisendörfer-Preis in München verliehen

Geisendörfer-Preis in München verliehen
Herausragende Hörfunk- und Fernsehproduktionen sind am Mittwoch mit dem evangelischen Robert-Geisendörfer-Preis ausgezeichnet worden. Sechs Auszeichnungen und der Sonderpreis der Jury wurden an Fernseh- und Hörfunk-Produktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie an Volker Heise für seine Produktion "24h Berlin" vergeben.

Die Jury des Geisendöfer-Preises vergab ihren undotierten Sonderpreis an Volker Heise, den Leiter des Projektes "24h Berlin - Ein Tag im Leben". "Die 24-stündige Kompilation gewährt einen einmaligen Einblick in unser gegenwärtiges Leben und ist gleichzeitig ein Fernsehhöhepunkt gewesen. Dieser Fernsehtag war in außergewöhnlicher Weise geprägt von der Liebe zu den Menschen und der Faszination für die Schöpfung", urteilte die Jury.

Im Rahmen der 27. Preisverleihung plädierte der bayrische Landesbischof Johannes Friedrich für eine angemessene Ausstattung der Medienarbeit der Evangelischen Kirche. In seinem Grußwort forderte Friedrich: "Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Medienarbeit nicht permanent vor der finanziellen Existenzfrage steht, sondern sie so ausstatten, dass sie innovativ, kreativ und leistungsfähig bleibt. Ich sehe nicht, dass wir uns Einschränkungen in der Leistungskraft der evangelischen Publizistik leisten können."

Dankbar zeigte sich der bayerische Landesbischof für die ungebrochene Innovationskraft heutiger evangelischer Publizistik. Der schnelle Aufbau von www.evangelisch.de habe gezeigt, dass neue Konzeptionen rasch realisiert werden können.

Berichte über Missbrauchsfälle

BR-Chefredakteur Sigmund Gottlieb verteidigte in seinem Grußwort die Berichterstattung über die Missbrauchsfälle in Kirchen, über die Alkoholfahrt der früheren EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann und über die umstrittene Pius-Bruderschaft. Diese Themen seien nicht positiv besetzt gewesen, zur journalistischen Pflicht gehöre aber auch, sich damit auseinanderzusetzen. Der Chefredakteur wies den Vorwurf zurück, es habe sich um eine Medienkampagne gehandelt. Allerdings müssten die Medien nach den Skandalen auch stets die Aufklärung weiterverfolgen.

Eine Medienkampagne mit Blick auf die kritische Berichterstattung über die Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen konnte auch Landesbischof Friedrich nicht erkennen. "Wenn man im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Missbrauchsfälle in der Kirche überhaupt von einer ,Medienkampagne' sprechen mag – ich persönlich würde diesen Begriff hier nicht verwenden – dann hat sich die Berichterstattung des Evangelischen Pressedienstes (epd) hier eben nicht durch falsche Rücksichtnahme auf mögliche kirchliche Belange ausgezeichnet." Er sei froh, "dass der epd durch seine Berichterstattung gerade auch die Belange der Opfer vertreten und ihnen damit in bestem Geisendörferschen Sinne eine Stimme verliehen hat. Und damit, ich weiß das aus persönlichen Gesprächen, in mehrfacher Hinsicht Positives bewirkt hat.", sagte Friedrich.

Verkündigung ist nicht die Aufgabe evangelischer Publizistik

Friedrich würdigte auch Robert Geisendörfer, der am 1. September 100 Jahre alt geworden wäre. Friedrich erinnerte daran, dass nach Geisendörfers Überzeugung nicht die Verkündigung Aufgabe evangelischer Publizistik sei; vielmehr arbeite sie durch Information, Meinungsäußerung und Kritik mit am Erhalt menschlicher Freiheit. Geisendörfer habe in einer seriösen und kritischen Publizistik eine wesentliche Voraussetzung für Kirche in der Zeit gesehen.

Es sei Geisendörfers besondere Leistung gewesen, seine publizistischen Vorstellungen und Visionen auch in institutionelle Formen zu überführen, hob Friedrich hervor. Er erinnerte daran, dass die Gründung des Evangelischen Presseverbands in Bayern (epv) und des Gemeinschaftswerkes der Evangelischen Publizistik (GEP) in Frankfurt auf Geisendörfers Engagement zurückgehe. Auch an der Gründung der Matthias-Film vor 60 Jahren und der EIKON TV- und Filmproduktion vor 50 Jahren sowie mehrerer Zeitschriften war Geisendörfer maßgeblich beteiligt.

Friedrich würdigte auch die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Er halte es für "unverzichtbar, dass wir uns in Deutschland dieses qualitätvolle System leisten". Es sichere vielfältige Informationsmöglichkeiten aber auch kulturelle Identität. "Ein wichtiges Gut, dessen Finanzierung uns etwas wert sein sollte", so Friedrich.

Preisträger alle aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Neben Volker Heise wurde die Produktion "Die Drachen besiegen" von Regisseurin Franziska Buch und Drehbuchautorin Rodica Döhnert ausgezeichnet. Der Film des Bayerischen Rundfunks über den ethischen Konflikt eines Paares, das das Leben seiner Tochter retten möchte, sei "Wertedebatte und Familiendrama in einem", hieß es in der Jury- Begründung. "Am Ende dieses eindrücklichen Stücks bleibt der Zuschauer nachdenklich, aber nicht ratlos zurück."

Auch die WDR-Dokumentation "Tiananmen, 20 Jahre nach dem Massaker - die Opfer erzählen" von Thomas Weidenbach und Shi Ming bekam einen Preis. Die Jury urteilte: "Die Nachzeichnung der damaligen Entwicklung würdigt die Opfer und wird dabei zu einer radikalen Kritik an der Diktatur."

In der Kategorie Hörfunk gingen die Preise an Paul Plamper und Nils Kacirek vom WDR für ihr Hörspiel "Der Assistent". Die Jury sah eine Inszenierung "mit schnörkelloser Leichtigkeit", die ihre Zuschauer in den Bann ziehe. Claudia Klein und Sabine Smit wurden für ihr RBB-Feature über die Gethsemane-Kirche, den Treffpunkt für Oppositionelle in der DDR, ausgezeichnet.

Zwei Kinderfernsehpreise gehen an die Filme "Der Kleine und das Biest" (ZDF) von Marcus Sauermann, Uwe Heidschötter und Johannes Weiland und "Krimi.de. rEchte Freunde" (KI.KA) von Christoph Eichhorn über die Gefahr rechtsradikaler Gruppen und den Mut zum Widerstand.

Der mit insgesamt 30.000 Euro dotierte Robert-Geisendörfer-Preis wird seit 1983 alljährlich für herausragende publizistische Leistungen deutscher Hörfunk- und Fernsehsender verliehen. Er erinnert an den christlichen Publizisten Robert Geisendörfer (1910- 1976).