Viel Kritik an Guttenbergs Wehrpflicht-Plänen

Viel Kritik an Guttenbergs Wehrpflicht-Plänen
Unter Verteidigungsminister Guttenberg hat die vor mehr als 50 Jahren eingeführte Wehrpflicht allem Anschein nach keine Zukunft mehr. In der Union dürften darüber noch heftige Debatten geführt werden. Die Wehrpflicht ist eines ihrer Markenzeichen. Die Grünen hingegen sagen, Guttenberg geht nicht weit genug. Die Zukunft des Zivildienstes ist aber weiterhin unklar.

Die Pläne im Verteidigungsministerium zur Abkehr von der Wehrpflicht stoßen sowohl bei Gegnern als auch Befürwortern auf Kritik. CDU-Politiker befürchten den Verlust eines ihrer politischen Markenzeichen. Der Bundeswehrverband sorgt sich im Falle einer Freiwilligenarmee um qualifiziertes Personal. Und die Grünen werfen CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg Halbherzigkeit vor, weil er den Zwangsdienst für junge Männer offenbar nur aussetzen und nicht abschaffen will.

Außenminister Guido Westerwelle unterstützte Guttenberg hingegen. "Ich bin aus Gründen der Wehrgerechtigkeit für eine Aussetzung der Wehrpflicht, denn von jedem Jahrgang leisten nur noch etwa 16 Prozent der jungen Menschen Dienst in der Bundeswehr", sagte der FDP-Chef der "Bild am Sonntag".

"Die Wehrpflicht ist ein Markenzeichen der deutschen Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie gehört auch zum Markenkern der Unionsparteien", mahnte der baden-württembergische CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk in der Heidelberger "Rhein-Neckar-Zeitung" (Samstag). "Sie kann man nicht mal eben über Bord werfen."

Bundeswehrverband: Militär kann auf dem Arbeitsmarkt nicht konkurrieren

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte bereits am Vortag erklärt: "Es gibt zur Zeit keine Vorfestlegung von niemandem." Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, sagte aber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Der Minister hat mit seinen Plänen das Thema Wehrgerechtigkeit endlich angepackt. Jetzt kommt es aber darauf an, den Freiwilligendienst attraktiv auszugestalten."

Nach einem "Spiegel"-Bericht wächst im Verteidigungsministerium der Widerspruch gegen Pläne des Ministers, im Zuge der neuen Reform einen der beiden beamteten Staatssekretärsposten zu streichen und entsprechend den Generalinspekteur aufzuwerten. Nach Ansicht von Juristen der Behörde verstoße das möglicherweise gegen das Grundgesetz. Schon aus historischen Gründen sei "eine solche Machtfülle des Militärs zu verhindern", zitiert das Blatt einen namentlich nicht genannten hohen Beamten im Ministerium.

Bundeswehrverbandschef Ulrich Kirsch, sagte im Deutschlandradio Kultur, eine Aussetzung der Wehrpflicht käme einer Abschaffung "sehr nahe". Dann könnte die Bundeswehr im "Kampf um die klügsten Köpfe und geschicktesten Hände" ins Hintertreffen geraten. "Wir stehen dann in Konkurrenz mit Firmen wie der BASF, BMW, aber auch wirklich guten mittelständischen und kleinen Unternehmen (...) Und die sind natürlich wesentlich flexibler, sich auf veränderte Lagen einzustellen als ein solch großer Apparat wie die Bundeswehr."

Lafontaine will "Friedenstruppe" in der Bundeswehr

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf Guttenberg in der "Frankfurter Rundschau" Mutlosigkeit vor, weil er die Wehrpflicht nicht abschaffen, sondern nur aussetzen wolle. Der Grünen- Verteidigungsexperte Omid Nouripour sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Bundeswehr müsse deutlich attraktiver werden. "Es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, es geht um Fortbildungsmaßnahmen, es geht darum, dass die Soldaten das Gefühl haben, dass sie gesellschaftlich in ihrem Beruf anerkannt sind."

Ex-Linksparteichef Oskar Lafontaine schlug eine Art Friedenstruppe in der Bundeswehr vor, die weltweit Naturkatastrophen und Unglücke bekämpft. Soldaten als sogenannte Grünhelme - besser ausgerüstet als das technische Hilfswerk - könnten humanitär intervenieren und die Folgen von Bränden, Überschwemmungen und Ölkatastrophen bekämpfen, sagte er der "Sächsischen Zeitung" (Montag). "Ich kann mir gut vorstellen, dass junge Leute, die den Dienst an der Waffe verweigern, gern bereit sind, bei Katastrophen in aller Welt zu helfen."

dpa