Weniger Elterngeld auch für Mini-Jobber

Weniger Elterngeld auch für Mini-Jobber
Das Elterngeld soll im nächsten Jahr auch für Mini-Jobber und Familien mit Kinderzuschlag gekürzt werden. Scharfe Kritik kommt von Sozialverbänden, aber auch von der CSU.

Vorschläge des Bundesfamilienministeriums zur weiteren Kürzung des Elterngeldes bei Geringverdienern haben eine heftige Debatte ausgelöst. Wie aus einem Referentenentwurf des Ministeriums hervorgeht, soll das Elterngeld im nächsten Jahr auch für Mini-Jobber und Familien mit Kinderzuschlag gesenkt werden. Das Ministerium wollte einen entsprechenden Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagsausgabe) nicht kommentieren. Scharfe Kritik kam von Sozialverbänden, der Opposition, aber auch von der Union.

Hauptjob ist die alleinige Grundlage

Minijobs sollen künftig bei der Ermittlung des Elterngeldes keine Rolle mehr spielen. Hat eine Person einen 400-Euro-Job als Zweitjob, wird das Elterngeld nur noch auf Grundlage des Hauptjobs festgelegt. Das Elterngeld kann sich dadurch um bis zu 268 Euro im Monat verringern. Bei Familien, die den Kinderzuschlag erhalten, beläuft sich das Minus auf bis zu 140 Euro monatlich, weil das Elterngeld in vollem Umfang als Einkommen bei der Berechnung des Kinderzuschlags berücksichtigt wird. Der Kinderzuschlag soll verhindern, dass Geringverdiener zu Hartz-IV-Empfängern werden, nur weil sie Kinder haben.

Im Sparpaket der Bundesregierung ist vorgesehen, durch Kürzungen beim Elterngeld insgesamt 600 Millionen Euro einzusparen. Bei Geringverdienern sollen dem Referentenentwurf zufolge 440 Millionen Euro gespart werden. Bei Nettoeinkommen von mehr als 1.240 Euro im Monat sollen 155 Millionen Euro gekürzt werden. Zur Begründung heißt es, dass es für erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher stärkere Anreize geben müsse, Arbeit aufzunehmen. Das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger in Höhe von 300 Euro im Monat soll 2011 gestrichen werden. Diese Einsparung sei schmerzhaft, aber gerecht, sagte die Sprecherin des Bundesfamilienministerium, Stefanie Augter.

Der Höchstbetrag von 1.800 Euro Elterngeld bleibt erhalten. Das gilt für Personen mit einen Nettoeinkommen von mehr als 2.770 Euro. Ab 1.240 Euro Nettoeinkommen sollen Eltern nur noch 65 statt 67 Prozent Elterngeld erhalten. Die Bundesregierung will bei den Sozialausgaben insgesamt fünf Milliarden Euro einsparen.

Kritik aus der CSU

Die familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär (CSU), bezeichnete die Vorschläge aus dem Familienministerium als unsinnig. "Das tragen wir nicht mit", sagte Bär. Diese Maßnahmen seien geradezu das Gegenteil eines Arbeitsanreizes, weil sie wie eine Strafe für Geringverdiener wirkten, die den Kontakt zum Arbeitsmarkt hielten.

"Völlig irrsinnig" nannte die stellvertretende Fraktionschefin der FDP, Miriam Gruß, den Vorschlag des Familienministeriums. Sollte es noch Kürzungsbedarf geben, dann sollte das Elterngeld "aus Gerechtigkeitsgründen" nicht nur Hartz-IV-Empfängern, sondern auch nicht-berufstätigen "Millionärsgattinnen" gestrichen werden, sagte Gruß dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstagsausgabe). Außerdem solle das Elterngeld für Besserverdiener von 1.800 auf 1.500 Euro gekürzt werden.

Die SPD warf Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) Klientelpolitik vor. Schröder haben keinen Bezug zur gesellschaftlichen Realität von Familien, sagte die familienpolitische Sprecherin Caren Marks. Das Sparpaket werde zum Verarmungsprogramm, sagte die kinderpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Diana Golze. Schröder habe ihren Job verfehlt.

"Spiel mit dem Feuer"

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, kritisierte die geplanten Kürzungen scharf. "Es ist völlig verfehlt, wenn die sozial Schwachen weiterhin die Hauptlast der Einsparungen tragen müssen." Die fortschreitende Spaltung der Gesellschaft müsse gestoppt werden. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verurteilte die Pläne. Die Bundesregierung mache Politik nach dem Motto: "Wer hat, dem wird gegeben, und die im Dunklen werden noch tiefer in den schwarzen Keller gestürzt", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach und kündigte Proteste an.

Die Diakonie Hamburg wies darauf hin, dass von den Kürzungen drei Millionen Kinder und Jugendliche betroffen seien. Arme Familien und Alleinerziehende würden bewusst aus der Gesellschaft ausgeschlossen, die Wohlhabenden hingegen verschont, sagte Diakonie-Chefin Annegrethe Stoltenberg. "Das ist ein Spiel mit dem Feuer und gefährdet den sozialen Frieden."

Michael Löher vom Vorstand des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge sprach von Zynismus, wenn trotz fehlender Betreuungsplätze für Kleinkinder die Kürzung damit begründet werde, mehr Anreize für die Arbeitsaufnahme zu setzen. Auch das Erwerbslosen Forum Deutschland reagierte empört. Dies sei ein "furchtbarer Anschlag auf Kinder und Eltern mit geringem Einkommen", sagte Sprecher Martin Behrsing.

epd