WM überall: Live im Weltraum, im Kloster und in Kundus

WM überall: Live im Weltraum, im Kloster und in Kundus
Seit Jahren gibt es in Deutschland kaum einen Haushalt, in dem nicht mindestens ein Fernseher steht. Nimmt man die Kneipen-Schirme und Public-Viewing-Arenen hinzu, dürfte so gut wie jeder die Fußball-WM verfolgen können. An manchen Orten wird es aber trotzdem kompliziert.
07.07.2010
Von Markus Klemm

Platz für einen Fernseher ist eigentlich überall. Dennoch gibt es tatsächlich Orte auf der Welt, an denen es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht ganz so einfach ist, die Spiele der deutschen Mannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika mitzuverfolgen.

Im Gefängnis

Wohl dem, der in Deutschlands wohl bekanntestem Gefängnis "Santa Fu" im Hamburger Stadtteil Fuhlsbüttel einen eigenen Fernseher in der Zelle hat. Sonst sieht es nämlich schlecht aus mit Torjubel oder wilden Flüchen über Schiedsrichter und gegnerische Mannschaft. Gemeinschaftliches Fernsehen gibt es in der mehr als 100 Jahre alten Haftanstalt nicht - aus Sicherheitsgründen. Da mit dem Anpfiff um 20.30 Uhr bereits die Nachtschicht der Vollzugsbeamten ihren Dienst begonnen hat, wäre ein "Jailhouse Rock" organisatorisch nicht zu lösen, wie ein Sprecher der Justizbehörde sagte.

Auf der Zugspitze

Die Wissenschaftler auf Deutschlands höchstgelegener Forschungsstation, dem auf 2650 Meter gelegenen Schneefernerhaus, haben leider Pech. "Bei uns gibt es keine Fernseher", sagte ein Sprecher. Ganz verzichten müssten die Mitarbeiter des Zentrums für Höhen- und Klimaforschung in Bayern aber dennoch nicht. Schließlich gibt es noch das Internet.

Am Nordpol

Die Besatzung des Forschungsschiffs "Polarstern" kann von solch "guten Bedingungen" nur träumen. Das schwimmende Großlabor des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung ist seit Ende Juni auf Expeditionsfahrt in die Arktis. Fernsehen gibt es an Bord nicht - und weg können die Forscher auch nicht. Die fußballbegeisterten Wissenschaftler wollen sich deshalb zu einem "Public-Hearing" an den Funkgeräten versammeln. Nicht einmal das ist den Forschern der deutschen Polarstation "Neumayer III" in der Antarktis vergönnt. Sie sind mit ihren Unterkünften nahe der Atka- Bucht am achten westlichen Längengrad so weit weg vom Schuss, dass nicht einmal das funktioniert.

In Kundus, Afghanistan

Im Feldlager der Bundeswehr-Soldaten im nordafghanischen Kundus werden die WM-Spiele live via Satellit und Bundeswehr-TV auf eine Großleinwand übertragen. Wegen der militärischen Aufgaben ist die Fußball-Show aber eine reine Nebenveranstaltung. "Die Mission steht im Mittelpunkt", sagte Bundeswehr-Sprecher Paul-Georg Weber in Kundus der Nachrichtenagentur dpa. Im Unruhedistrikt Char Darah empfangen die deutschen Soldaten keinen TV-Sender. Sie erfahren die Ergebnisse in ihrem gefährlichen Einsatz an den Außenposten auf den Höhen 431 und 432 nur über Funk.

Im Weltraum

Ihre Mannschaften haben mit der Weltmeisterschaft zwar nichts mehr zu tun - die Russen haben sich gar nicht erst qualifiziert und die USA sind im Achtelfinale gescheitert. Gleichwohl könnte sich die Besatzung der internationalen Raumstation ISS über das Geschehen in Südafrika informieren. Ein Sprecher des Kontrollzentrums im bayerischen Oberpfaffenhofen sagte zwar, für eine Live-Fernsehübertragung seien die vorhandenen Kanäle nicht vorgesehen. Doch über das Internet sei das Ganze kein Problem.

Im Kloster

Die Franziskanerinnen im oberschwäbischen Kloster Reute drücken Jogis Jungs an diesem Mittwoch beim Halbfinalspiel gegen Spanien auf jeden Fall die Daumen. "Eine Vuvuzela haben wir nicht, aber eine kleine Deutschlandfahne schon", sagte Schwester Benedikta Pfleghaar. Sie geht davon aus, dass sich etwa 20 Schwestern vor dem Fernseher im großen Gemeinschaftsraum versammeln - und bei einem Tor auf der richtigen Seit auch lautstark jubeln: "Wenn ein Tor fällt, dann dürfen das auch die anderen hören. So nationalbewusst sind wir schon."

In der Kirche

Gut, der Berliner Dom bleibt fußballfrei. Aber ansonsten hat die evangelische Kirche allein in der Hauptstadt 72 Public- Viewing-Stationen eingerichtet, wo sich Fußballfans quasi mit Gottes Segen die Spiele ansehen können. In ganz Deutschland sind es knapp 2400 Orte. Bereits zur WM 2006 in Deutschland hatte die evangelische Kirche ihre Pforten für Fußballfans geöffnet - etwa die "Kiezkirche" von Hamburg-St.Pauli mit ihrem Projekt "Balleluja".

In der Höhle

Bei bis zur 35 Grad im Schatten gerät für die Fans der Aufenthalt an so manche Public-Viewing-Meile zu einem ähnlichen Hochleistungssport wie für die Fußballer das Spiel selbst. Es geht aber auch einfacher - etwa in einer wohltemperierten Höhle. In Europas ältester Kulturhöhle im sauerländischen Balve zum Beispiel können sich bis zu 1000 Menschen gleichzeitig die Spiele auf einer 24 Quadratmeter großen Leinwand ansehen.

Auf Kreuzfahrtschiffen

Ab dem Halbfinale sowie bei allen Spielen mit deutscher Beteiligung hat die Schauspieltruppe frei. Zumindest auf allen sieben Aida-Kreuzfahrtschiffen werden dann nämlich die Theater gebraucht - als Fußballarenen. Nach Angaben des Unternehmens geben dabei zusätzlich die Kapitäne, Club Direktoren und Entertainmentmanager den Gerhard Delling und Günter Netzer. Auch wenn ihre Mannschaft schon nach der Vorrunde heimfahren durfte, auch die italienische Reederei MSC Kreuzfahrten mit Sitz in Neapel überträgt alle Spiele auf ihren Schiffen live. 

dpa