Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Erzbischof Zollitsch

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Erzbischof Zollitsch
Gegen den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, den Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, wird wegen Beihilfe zum sexuellem Missbrauch von Kindern ermittelt.

Ein Diözesansprecher bestätigte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch einen entsprechenden Bericht des SWR-Magazins "Report Mainz". Dem Sprecher zufolge hat ein mutmaßliches Opfer Anzeige erstattet. Der Mann soll in den 1960er Jahren von einem Pater im Kloster Birnau im Erzbistum Freiburg missbraucht worden sein. Zollitsch soll laut Anzeige den beschuldigten Pater trotz der bekannten sexuellen Übergriffe in seiner Zeit als Personalreferent der Erzdiözese im Jahr 1987 erneut in der Kirchengemeinde Birnau angestellt haben. Die Vorwürfe seien "absolut haltlos", erklärte die Erzdiözese.

Der Erzdiözese sei erst seit Ende 2006 bekannt gewesen, dass es in den 1960er Jahren einen Fall von sexuellem Missbrauch in Birnau gegeben habe, sagte Pressesprecher Robert Eberle dem epd. Außerdem habe Zollitsch als damals zuständiger Personalreferent der Erzdiözese keinesfalls 1987 eine erneute Anstellung des Paters in Birnau veranlasst. Eine weitere Anstellung beim Erzbistum Freiburg habe es nicht gegeben.

Erzbistum: Vorwürfe sind ohne Substanz

Das Erzbistum sei im Kontakt mit der Staatsanwaltschaft Freiburg, "damit die Substanzlosigkeit der Vorwürfe gegen Erzbischof Zollitsch rasch dokumentiert werden kann". Das Ordinariat Freiburg habe bereits in den zurückliegenden Monaten deutlich gemacht, dass es nach Bekanntwerden eines Vorwurfs gegen den beschuldigten Zisterzienserpater rasch gehandelt, den Orden eingeschaltet und den Zisterzienserorden auf die zu ziehenden Konsequenzen hingewiesen habe.

Allerdings gebe es Hinweise darauf, dass der beschuldigte Pater erneut zur Klostergemeinschaft des Zisterzienserordens in Birnau gehört, bestätigte Eberle. Deren Zusammensetzung werde alleinverantwortlich und eigenständig vom Abt des Ordens geregelt. Die Zisterzienserabtei Mehrerau ist eine "Territorialabtei", die dem zuständigen Abt untersteht. Die Wallfahrts- und Klosterkirche Birnau gehört als Priorat seit 1919 zur Abtei Mehrerau.

Bei dieser Abtei handele es sich um ein territorial umschriebenes Gebiet, dessen Betreuung einem Abt übertragen ist. Eine solche Gebietsabtei gehöre zu keinem Bistum und sei zudem vollständig unabhängig vom Diözesanbischof. Dieser Abt treffe nach Maßgabe seiner Ordensstatuten auch die Personalentscheidungen innerhalb seines Territoriums. Er benötigt dazu weder die Genehmigung eines anderen Bischofs noch besteht irgendeine Form der Informationspflicht an andere Bischöfe.

Im Wortlaut: Erklärung der Staatsanwaltschaft

Die am Mittwoch von der Staatsanwaltschaft Freiburg veröffentlichte Erklärung hat laut einer Dokumentation der Deutschen Presseagentur (dpa) folgenden Wortlaut:

"Bei der Staatsanwaltschaft Freiburg wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Dr. Robert Zollitsch wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern aufgrund einer hier angegangenen Anzeige eingeleitet. Der Vorwurf des Anzeigeerstatters geht dahin, dass der Erzdiözese Freiburg bekannt gewesen sei, dass es in früherer Zeit zu sexuellen Übergriffen durch einen Pater gekommen sei. Dr. Zollitsch habe als damals zuständiger Personalreferent der Erzdiözese Freiburg im Jahr 1987 gleichwohl die erneute Anstellung des Paters in der Kirchengemeinde Birnau am Bodensee veranlasst.

Das Verfahren wurde mit Verfügung vom 28.05.2010 an die Staatsanwaltschaft Konstanz mit der Bitte um Übernahme übersandt, da die Haupttaten des Paters im dortigen Zuständigkeitsbereich begangen wären; dort sind nach der Darstellung des Anzeigeerstatters auch bereits Ermittlungen anhängig."

Im Wortlaut: Erklärung der Erzdiözese Freiburg

Die Erzdiözese Freiburg wehrt sich gegen die Vorwürfe gegen Erzbischof Robert Zollitsch. Hier die von dpa verbreitete Stellungnahme:

"Die Erzdiözese Freiburg ist im Kontakt mit der Staatsanwaltschaft Freiburg, damit die Substanzlosigkeit der Vorwürfe gegen Erzbischof Zollitsch rasch dokumentiert werden kann.

Das Ordinariat Freiburg hatte bereits in den zurückliegenden Monaten deutlich gemacht, dass es nach Bekanntwerden eines Vorwurfs gegen den beschuldigten Zisterzienserpater rasch gehandelt, den Orden eingeschaltet und den Zisterzienserorden auf die zu ziehenden Konsequenzen hingewiesen hat.

Die Vorwürfe treffen nicht zu, weil

1. der Erzdiözese Freiburg erst seit Ende 2006 bekannt war, dass es in den 60er Jahren zumindest einen Fall von sexuellem Missbrauch bei der Wallfahrts- und Klosterkirche Birnau gab

2. Dr. Zollitsch als damals zuständiger Personalreferent der Erzdiözese keinesfalls 1987 eine erneute "Anstellung dieses Paters" in Birnau veranlasst hat: Eine weitere Anstellung beim Erzbistum Freiburg hat es nicht gegeben - wenngleich es Hinweise darauf gibt, dass der beschuldigte Pater erneut zur Klostergemeinschaft des Zisterzienserordens in Birnau gehörte. Deren Zusammensetzung wird vom Abt des Ordens eigenständig geregelt.

Der frühere Personalreferent Zollitsch hat also

a) weder von den Vorwürfen aus den 60er Jahren b) noch von einem erneuten Einsatz dieses Paters gewusst c) und einen solchen Einsatz schon gar nicht veranlasst.

Zur Erläuterung: Die Zisterzienserabtei Mehrerau ist eine "Territorialabtei", die dem zuständigen Abt untersteht. Die Wallfahrts- und Klosterkirche Birnau gehört als Priorat seit 1919 zur Abtei Mehrerau. Bei einer "Territorialabtei" handelt es sich um ein territorial umschriebenes Gebiet, dessen Betreuung einem Abt übertragen ist. Dieser trägt die alleinige Verantwortung - wie ein Diözesanbischof. Eine solche Gebietsabtei gehört zu keinem Bistum und ist vollständig unabhängig vom Diözesanbischof. Geleitet wird sie von einem Abt (als "eigenberechtigter Ortsordinarius"), der die entsprechenden Rechte und Pflichten in seinem Gebiet wahrnimmt. Dieser Abt trifft nach Maßgabe seiner Ordensstatuten auch die Personalentscheidungen innerhalb seines Territoriums. Er benötigt dazu weder die Genehmigung eines anderen Bischofs noch besteht irgendeine Form der Informationspflicht an andere Bischöfe.

Der nun verbreitete Verdacht eines strafbaren Verhaltens von Dr. Robert Zollitsch im Zusammenhang mit dem Kloster Birnau entbehrt also bereits mangels Zuständigkeit, aber auch in der Sache jeder Grundlage.

Der Strafantrag wurde nicht nur der Staatsanwaltschaft, sondern auch Journalisten zugeleitet - in der erkennbaren Absicht, mit dem sensationsheischend formulierten Vorwurf der "Beihilfe zum sexuellen Missbrauch" gegen einen Erzbischof Medieninteresse zu provozieren. Ein Blick auf die schon seit Monaten bekannten und veröffentlichten Fakten macht deutlich, dass die Erzdiözese Freiburg Ende 2006 - unverzüglich nach dem Bekanntwerden eines Falls von sexuellem Missbrauch aus den 60er Jahren bei der Wallfahrts- und Klosterkirche Birnau - den dort zuständigen Zisterzienserorden informiert hat."
 

epd/dpa