Bundeswehr: Köhlers Frage muss weiter gestellt werden

Bundeswehr: Köhlers Frage muss weiter gestellt werden
Wofür setzen wir unsere Streitkräfte ein und wofür nicht? Darüber muss auch nach Köhlers Rücktritt diskutiert werden, verlangt der Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland in einem exklusiven Beitrag für evangelisch.de.
31.05.2010
Von Martin Dutzmann

Mit einem Paukenschlag hat sich Horst Köhler aus dem Amt des Bundespräsidenten verabschiedet. Am Montagmittag erklärte er seinen Rücktritt und begründete ihn mit der anhaltenden Kritik an seinem aktuellen Interview zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

Für die evangelische Kirche ist der Bundespräsident mehr als ein verlässlicher Gesprächspartner, er ist zugleich Gemeindemitglied, verständnisvoller Freund und Förderer. Auch für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr hat sich Horst Köhler stark gemacht. Er brachte seinerzeit den Begriff des "freundlichen Desinteresses" der Öffentlichkeit an der Bundeswehr in die Diskussion ein und beklagte die mangelnde gesellschaftliche Auseinandersetzung mit sicherheitspolitischen Themen.

Die Kritik ist unverständlich

Umso schwieriger ist, dass es jetzt gerade seine Äußerungen zur Sicherheitspolitik und zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr sind, die zu anhaltender Kritik und letztlich zu seinem Rücktritt geführt haben. Einer Kritik, die umso unverständlicher ist, als dass der Bundespräsident unmittelbar nach Auftreten der ersten Fragen zu seinem Interview die missverständlichen Passagen klargestellt hat.

Was Horst Köhler sagt, kann man schon seit vier Jahren im "Weißbuch", dem offiziellen sicherheitspolitischen Leitfaden der Bundesregierung nachlesen. Deutschland muss sich über seine Interessen klar werden und darüber, wofür wir bereit sind, unsere Streitkräfte einzusetzen – und wofür nicht.

Bundespräsident Köhler verwahrt sich mit seinem Rücktritt gegen eine Kritik, die den Respekt vor ihm und seinem Amt vermissen lässt. Seine Entscheidung verdient unseren Respekt. Die Diskussion, die er mit seinem Interview anstoßen wollte, müssen wir weiter führen.


Martin Dutzmann (54) ist leitender Militärgeistlicher der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche in Detmold. Der reformierte Theologe ist unter anderem Mitverfasser des im Januar veröffentlichten "Evangelischen Wortes zu Krieg und Frieden in Afghanistan", in dem sich die Kirche gegen ein bloßes "Weiter so" beim Bundeswehreinsatz am Hindukusch ausspricht.