Kirchen bedauern Rückzug von Horst Köhler

Kirchen bedauern Rückzug von Horst Köhler
Die beiden großen Kirchen haben den Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler bedauert. Er habe seine politische Verantwortung aus seinem Glauben heraus wahrgenommen, erklärte der amtierende EKD-Ratschef Nikolaus Schneider. "Er ist damit im besten Sinne ein öffentlicher Protestant gewesen."

"Ich bedaure den Rücktritt des Bundespräsidenten von seinem Amt außerordentlich", sagte Schneider. Die Begründung, die Köhler für seinen Rücktritt benannt habe, verlange nach einer gesellschaftlichen Debatte, "in der es um die Balance zwischen dem notwendigen Respekt vor dem höchsten Amt unseres Staates und der an Sachfragen orientierten Kritik geht".

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, sprach von einem herben Verlust. "Ich bedaure sehr, dass uns in Bundespräsident Horst Köhler eine Person mit hohem Vorbildcharakter, allgemeiner Anerkennung in der Öffentlichkeit und einem besonderen Interesse für die christlichen Kirchen in unserem Land verlässt", so der Freiburger Erzbischof. Köhler habe viel für Deutschland geleistet und wertvolle Debatten angestoßen.

"Viele Sympathien gewonnen"

Schneider sagte, der scheidende Präsident habe sich "um Deutschland und um das an Nächstenliebe und Gerechtigkeit orientierte Zusammenleben der Völker verdient gemacht". Besonders am Herzen hätten Köhler der gesellschaftliche Zusammenhalt, das friedliche Zusammenleben und die soziale Gerechtigkeit am Herzen gelegen. "Damit hat er die Sympathie und das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger gewonnen." Dass nur eine gerechte Verteilung der Ressourcen letztlich Frieden sichern könne, habe Köhler bei seinem Engagement für Afrika immer wieder unterstrichen, so der EKD-Ratsvorsitzende weiter. "Seinem beharrlichen Eintreten für die benachteiligten Menschen auf derSüdhalbkugel gilt unser besonderer Dank."

Der Bevollmächtigte der evangelischen Kirche bei der Bundesregierung, Prälat Bernhard Felmberg, betonte, die EKD habe in Köhler einen der Kirche zugewandten Ansprechpartner gehabt, der im ökumenischen Miteinander der Kirchen in Deutschland ein starkes Zukunfts- und Hoffnungspotential erkannt und gesehen habe. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, sagte, Köhler sei ein unabhängiger Anwalt der Menschen gewesen und habe deswegen auch große Zustimmung in der Bevölkerung erfahren. "Horst Köhler wird Deutschland mit seiner unprätentiösen Art als glaubwürdiger und Gegensätze überbrückender Repräsentant fehlen."

Mit Bedauern reagierten auch die baden-württembergischen evangelischen Landesbischöfe auf den Rücktritt. Köhler habe mit seiner Integrität und Wahrhaftigkeit Maßstäbe gesetzt, erklärte Württembergs Bischof Frank Otfried July. Der badische Landesbischof Ulrich Fischer nannte Köhler einen Politiker mit hoher Integrität und Menschennähe. Köhler habe auch wesentliche Impulse für die evangelische Kirche gegeben. Der katholische Hamburger Erzbischof Werner Thissen betonte, er sei Köhler vor allem dankbar dafür, dass er sich immer für die Menschen in den armen Ländern der Erde eingesetzt habe.

Tanz mit dem Präsidenten Ghanas

Auch deutsche Entwicklungsorganisation reagierten mit Überraschung, Bedauern und Respekt auf den Rückzug Köhlers. Die kirchlichen Hilfswerke Evangelischer Entwicklungsdienst und Misereor würdigten besonders seinen Einsatz für Afrika, Klimaschutz und weltweite Gerechtigkeit. "Köhler hat sogar mit dem Präsidenten von Ghana getanzt", sagte der Vorsitzende des Verbandes Entwicklungspolitik (VENRO), Ulrich Post.

Der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, Josef Sayer, würdigte den bisherigen Bundespräsidenten als Persönlichkeit, die über den Parteien stehend das Weltgemeinwohl befördern wollte. Er habe den Mut gehabt, Unbequemes zu sagen und den Finger in die Wunde zu legen, sagte Sayer. "Hier muss mehr Gerechtigkeit entstehen", habe Köhler stets betont und mit afrikanischen Bischöfen auf eine sehr beeindruckende Art über Afrikas Probleme, Korruption und Armutsbekämpfung gesprochen. Und er habe gesagt, dass sich die westlichen Unternehmen auf der Jagd nach Rohstoffen in Afrika nicht vom viel kritisierten China unterschieden.

Welthungerhilfe verliert Schirmherrn

Auch die Deutsche Welthungerhilfe, die mit Köhler einen Schirmherrn verliert, würdigte sein Engagement für die Armen in der Welt. "Er hat den Deutschen die Probleme aber auch die Chancen und Potenziale der Länder des Südens eindringlich nahe gebracht," sagte der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Jamann am Montag in Bonn.

Der Verband Entwicklungspolitik lobt besonders Köhlers Inititative "Partnerschaft mit Afrika". Dies sei der Versuch gewesen, einen echten Dialog auf Augenhöhe zu führen, mit afrikanischen Politikern, aber auch mit kritischen Intellektuellen aus Afrika, sagte VENRO-Vorsitzender Post, der mehr als 100 private und kirchliche Hilfswerke vertritt. "Köhler hat das Thema Entwicklungspolitik aus der Helfer-Ecke herausgebracht und ernst genommen." Im Umgang mit Afrika habe sich auch der Bundespräsident selbst verändert. "Er ist viel kritischer geworden", sagte Post.

Rudolf Ficker, Vorstandsmitglied des Evangelischen Entwicklungsdienstes, bekundete, er werde Köhlers Engagement für die Entwicklungspolitik und Afrika vermissen. "Aber ich hoffe, dass Horst Köhler dieses Engagement in anderer Art und Weise fortführen wird."

evangelisch.de/epd