Stille und Räucherduft: Besuch eines Taoistentempels

Stille und Räucherduft: Besuch eines Taoistentempels

Ich besuche heute den taoistischen "Datuk Shi Tempel", eine Stunde südöstlich von der
malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur. Und was mich erwartet, könnte klischeehafter kaum
sein: Umgeben vom Duft der Räucherstäbchen und chinesischen Laternen wird gerade ein
Drachentanz aufgeführt. Sie nehmen ein Musikvideo auf für das chinesische Neujahrsfest, das
im Januar 2012 das Jahr des Drachen einleiten wird.

Die offizielle Staatsreligion von Malaysia ist der Islam, aber dieser Tempel wurde von
den "Nyonya" gebaut – den chinesischstämmigen Einwohnern Malaysias. Deren Vorfahren
kamen im 19. Jahrhundert ins Land um Arbeit zu finden. Nicht alle Nyonya sind Taoisten. Viele
unter ihnen sind Buddhisten oder Christen.

Der Taoismus oder auch Daoismus ist sowohl eine Philosophie als auch eine eigenständige
Religion. Daoisten glauben an das natürliche Gleichgewicht aller Dinge in der Welt.
Symbolisiert wird dieses Gleichgewicht durch das Gegenspiel von Yin und Yang, Licht und
Schatten. Der “Dao” ist der “rechte Weg”, von dem alles ausgeht und zu dem alles zurückkehrt.
Anhänger der Lehre versuchen nichts zu tun, was diesem Gleichgewicht entgegenläuft.

Der Datuk Shi Tempel wird umgeben von den grünen Bergen von Broga und einer Stille, die
nicht nur denen gut tut, die gerade aus der Großstadt kommen. Unmittelbar in der Nähe liegt nur
eine Kaninchenfarm und ein Stückchen unterhalb im Tal das kleine Städtchen Broga, welches
der Tempel vor Pech und schlechten Zeiten bewahren soll. Geholfen hat er schon: während der
japanischen Besatzung Anfang des 19. Jahrhunderts flüchteten sich hierher viele Einwohner.

Heute zieht der Tempel viele Besucher an, manche sagen er sei der drittschönste taoistische
Tempel in Malaysia. Wer näher an den Altar tritt, sollte vor allem an eins denken: Hier
gehört es zum Anstand seine Schuhe auszuziehen. Verehrt wird vor allem das Grab des
Namensgebers "Datuk Shi", dessen Geschichte so erzählt wird: “Datuk Shi wuchs in einer
kleinen Familie auf und hielt sich mit einfachen Arbeiten über Wasser. Als er zwanzig wurde,
beschloss er hinaus in die Welt zu ziehen, um mehr über seine Religion zu lernen. Von da an
hörte niemand mehr etwas von ihm. Erst Jahre später erschien er all seinen Freunden im Traum
und teilte ihnen mit, dass er dazu berufen war, Broga zu beschützen. Die Freunde reisten zu
dem Ort, der ihnen im Traum erschienen war. In einem Termitenhügel fanden sie menschliche
Knochen, die sie anhand eines Rings als Datuk Shis identifizierten. An dieser Stelle wurde der
Tempel errichtet.”

 Ich kann verstehen, wie die Menschen hier Ruhe und Geborgenheit finden können. Aber ich verstehe die Symbolik der Statuen nicht, die Religion bleibt mir fremd. Ich hoffe nur, dass nicht ich es bin, die hier jemanden stört.

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