Ataman: Deutschland hat ein "Rassismus-Problem"

Ferda Ataman im Porträt
© epd-bild/Christian Ditsch
Zum dritten Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau, bei dem der Attentäter neun Menschen mit migrantischen Wurzeln getötet hatte, fordert Ataman schärfere Maßnahmen im Kampf gegen Rechtsextremismus.
3. Jahrestag Hanau-Attentat
Ataman: Deutschland hat ein "Rassismus-Problem"
Laut der Antidiskriminierungsbeauftragten der Bundesregierung, Ferda Ataman, hat Deutschland drei Jahre nach dem rassistischen Anschlag in Hanau weiterhin ein "Rassismus-Problem". Das zeige sich etwa, "wenn Bundespolitiker abfällig über muslimische Jugendliche als 'kleine Paschas' reden", sagte Ataman den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Samstag).

Die Antidiskriminierungsbeauftragte erklärte, viele von Rassismus betroffene Menschen, erlebten gerade, dass "Diskriminierung als 'woke' oder 'Identitätspolitik' verharmlost" und als "belangloses Interesse von Minderheiten abgetan" werde. Gleichzeitig habe sie beobachtet, dass nach den Ausschreitungen in der Silvesternacht ein Generalverdacht gegen Menschen mit Migrationshintergrund ausgesprochen worden sei.

Ataman forderte angesichts des Gedenkens an den Anschlag in Hanau an diesem Wochenende, Maßnahmen im Kampf gegen Rechtsextremismus konsequenter umzusetzen als bisher. Ein Kabinettsbeschluss mit Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Rassismus Ende 2020 sei "politisch eine Zäsur" gewesen. "Umso mehr ist es enttäuschend, dass die Bundesregierung ihre Ankündigungen bis heute nicht umgesetzt hat", sagte die Antidiskriminierungbeauftragte. So sei etwa der umstrittene Begriff "Rasse" in Artikel 3 des Grundgesetzes trotz entsprechender Ankündigungen der Bundesregierung noch nicht geändert worden.

Unterdessen hat auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) notwendige Lehren für den Rechtsstaat angemahnt. Dass Menschen "aufgrund ihrer Herkunftsgeschichte in unserem Land fürchten müssen, Opfer von Gewalttaten zu werden, dürfen wir nicht dulden", sagte Buschmann am Samstag in Berlin. Der Rechtsstaat und seine Vertreter müssten "ihre Lehren aus diesem Anschlag und aus ihrem eigenen Versagen ziehen".

Der Anschlag in Hanau bleibe eine Wunde, die nicht verheilt, betonte der Justizminister. Drei Jahre nach "diesem Akt des Terrors bleiben Fassungslosigkeit, Trauer, Abscheu und die Frage: Warum war der Staat nicht in der Lage, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen?" Rassistische Anschläge richteten sich nicht nur gegen Menschen, "die von hasserfüllten Tätern zu 'Fremden' erklärt werden", sondern auch "gegen unser Selbstverständnis als Gesellschaft", sagte Buschmann.

Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober (FDP), erklärte derweil, die genaue Aufklärung der Umstände des Anschlags von Hanau, "auch über das strafrechtlich Notwendige hinaus", sei für viele Betroffene von großer Bedeutung, um ihre Trauer verarbeiten zu können.

Am Sonntag gedenken in Hanau Vertreter aus Politik, Bürgerschaft und Religionsgemeinschaften der Opfer. Erwartet werden unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus.

Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher in Hanau neun Menschen mit Einwanderungsgeschichte erschossen und weitere Menschen verletzt. Anschließend erschoss er seine Mutter und nahm sich selbst das Leben.