Alessandra Schellnegger
Dichter Friedrich Ani über die Zehn Gebote
"Ich habe das düsterste Gottesbild"
chrismon: Herr Ani, Sie schreiben seit einiger Zeit regelmäßig für chrismon plus Gedichte über die Zehn Gebote. Zum Ersten Gebot ("Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.") schreiben Sie in einem Vers: "Töte für mich!" Klingt wie ein Imperativ. Nicht Ihr Ernst, oder? Angesichts von dschihadistischen Mördern…
Friedrich Ani: Ja, Imperativ. Aber man kann es auch als Aussage interpretieren, denn der Mensch, der tötet – auch der hat eine Verantwortung. Mir ist das erste Gebot unheimlich, es ist ein herrisches Gebot. Meine erste Assoziation ist: Hier spricht ein menschlicher Herrscher. Ich will die Gebote ja ins Urmenschliche transponieren.
Muss Kunst nicht genau dagegen anschreiben, gegen das Töten im Namen Gottes?