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Sexualisierte Gewalt
Besser Fehler riskieren als gar nicht aufarbeiten
Wenn man sich auf einen weiten Weg gemacht hat, ist es gut, gelegentlich anzuhalten, um nach vorn, hinten und zur Seite zu sehen: Was hat man schon geschafft, was fehlt noch, wer begleitet einen?
Vor etwa 15 Jahren hat die evangelische Kirche damit begonnen, sexualisierte Gewalt aufzuarbeiten. Ein Auslöser war, dass Betroffene aus der Kirchengemeinde Ahrensburg bei Hamburg sich 2010 an den "Spiegel" gewandt hatten und dieser nach intensiven Recherchen einen erschütternden Artikel über Gewalt und Vertuschung veröffentlichte. Entscheidend war – und ist – also, dass Betroffene sich zu Wort melden und ihnen zugehört wird. Dafür braucht es neben einer kritischen Öffentlichkeit einen institutionellen Adressaten, also ein Kirchenamt.
Die evangelische Kirche versucht also, sexualisierte Gewalt aufzuarbeiten: in Kirchengemeinden, Kirchenkreisen, Landeskirchen, EKD und Diakonie. Das ist eine komplexe und konfliktreiche Aufgabe. Man muss sich von idealisierten Selbstbildern ("bei uns doch nicht") verabschieden, interne Widerstände überwinden, Präventionsstellen und Anerkennungskommissionen aufbauen, Geld bereitstellen, Mitarbeitende schulen und Standards entwickeln, mit Betroffenen tragfähige Formen der Zusammenarbeit suchen, dabei ständig einer kritischen Öffentlichkeit Auskunft geben.