Ruhrbischof entschuldigt sich bei Missbrauchsopfern

Ruhrbischof entschuldigt sich bei Missbrauchsopfern
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat sich bei allen Opfern sexuellen Missbrauchs im Ruhrbistum entschuldigt und ihnen ein persönliches Gespräch angeboten. Eine finanzielle Entschädigung lehnte er allerdings ab.

"Die ungeheuerlichen Taten beschämen mich und machen mich fassungslos", sagte Overbeck am Mittwoch in Essen. Insgesamt geht das Bistum bisher 49 Hinweisen auf Fällen sexuellen Missbrauchs nach. Diese hätten sich überwiegend in den 1950er, 60er und 70er Jahren ereignet, sagte die bischöfliche Beauftragte für sexuellen Missbrauch, Dorothee Trynogga. Die Vorwürfe richteten sich gegen 22 Priester, fünf Ordensgeistliche, einen Diakon und vier kirchliche Mitarbeiter, die zum größten Teil bereits verstorben seien.

In allen Fällen, in denen die mutmaßlichen Täter noch leben, sei die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden, auch wenn sie rechtlich verjährt seien, sagte Overbeck. Drei betroffene Priester habe er vom Dienst beurlaubt. "Missbrauch darf keinen Platz in der Kirche haben, die Schuldigen müssen sowohl nach den Gesetzen des Staates als auch nach Maßgabe der Kirche bestraft werden", unterstrich der Bischof. Er räumte ein, auch die Kirche habe sich schuldig gemacht, indem sie Taten vertuscht und Täter nicht angezeigt habe. "Jetzt geht es darum, dass die Wahrheit ans Licht kommt." Nur so könne die Kirche ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.

"Geld wiegt den Schaden nicht auf"

Bei der Aufarbeitung der Fälle geht es nach Overbecks Worten vor allem um "eine Anerkennung all der Not, der Schmerzen und des Leides der Opfer". Viele hätten aus Angst und Scham viele Jahre geschwiegen, anderen habe man nicht geglaubt. Er sicherte den Betroffenen und deren Angehörigen menschliche und therapeutische Hilfe zu. Eine finanzielle Entschädigung lehnte der Bischof ab: "Geld wiegt den Schaden nicht auf." Darüber hinaus müssten in erster Linie die Täter entsprechend belangt werden. Das Thema Entschädigung müsse aber einheitlich von der Bischofskonferenz geklärt werden, regional verschiedene Regelungen hätten keinen Sinn.

Mit zwölf der Opfer, die sich gemeldet haben, hätten bereits Gespräche stattgefunden, mit fünf weiteren seien Gespräche vereinbart, sagte Trynogga. Therapeutische Hilfe wollten die meisten nicht. Ihnen sei vor allem wichtig, über das Erlebte zu sprechen. Das Thema Entschädigung habe nur in zwei Gesprächen eine Rolle gespielt, sagte die Diplom-Theologin. Neben der Aufarbeitung vergangener Fälle sei auch die Prävention wichtig. Durch Fortbildungen solle eine "Kultur der Grenzachtung" geschaffen werden, eine Balance zwischen Nähe und Distanz. Trynogga ist als bischöfliche Beauftragte ehrenamtlich tätig und kümmert sich gemeinsam mit einem zehnköpfigen Arbeitsstab um das Thema Missbrauch.

Zahl der Kirchenaustritte verdoppelt

Entschädigungen für Missbrauchsopfer in Millionenhöhe hatte etwa die amerikanische Kirche gezahlt. Unter den deutschen Bischöfen gibt es aber auch Gegner. Sie fürchten, finanzielle Leistungen könnten als "Schweigegeld" missverstanden werden. Therapiekosten für Missbrauchsopfer würden von der Kirche übernommen, betonte der Essener Bischof. Angesichts der Missbrauchsdebatte hat sich im Ruhrbistum, Deutschlands kleinster katholischer Diözese, die Zahl der Kirchenaustritte im März 2010 im Verhältnis zum Vorjahresmonat auf 749 fast verdoppelt.

epd/dpa