Aschewolke über Europa - 1:0 für die Bahn

Aschewolke über Europa - 1:0 für die Bahn
Endlich mal ein Wetterphänomen, das der Bahn nichts anhaben kann: Eine Aschewolke hält die Flieger an deutschen Airports am Boden - während die ICEs durchs Land düsen. Wo doch sonst die Bahn immer mal wieder das Wetter als Ausrede nimmt.
16.04.2010
Von Ursula Ott

Meine Woche vom 13. bis 16. April

Montag

Pendelwoche. Pendler wie ich, die eine Woche in Frankfurt verbringen (stabil) und eine Woche in Köln (mobil, also morgens nach Frankfurt fahren und abends zurück), ergibt sich das Supermarktkassen-Syndrom: Man hat immer das Gefühl, in der falschen Schlange zu stehen. Diese Woche wohne ich also in Köln, aber habe das Gefühl: in Frankfurt wäre der Bär los, wenn man nur abends mal da wäre. Luminale, das ist wirklich cool: Am Rande der Frankfurter Beleuchtungs-Messe wird die ganze Stadt in bizarre Lichter getaucht, es machen die alten Kirchen genauso mit wie die neuen Hochhäuser. Aber erst abends, wenn es dunkel wird. Da sitz ich diese Woche aber im Zug nach Köln zurück und habe nur eins davon: ein paar keine Installationen am Frankfurter Hauptbahnhof, ansonsten volle Abteile. Denn der Messe-Aufbauer, der Lichter-Hersteller und der Besucher müssen ja auch irgendwie von A nach B kommen. Wenn in Frankfurt um 22 Uhr die roten LED-Röhren angehen, geht bei Familie Ott in Köln bereits die Nachttischlampe von Ikea aus. Ein Kind krank, das andere schreibt Klassenarbeiten, Mutter hat in Frankfurt lauter Sitzungen. Alle sind müde. Nix mit kulturellem Abendprogramm.

Dienstag

Sitzungen, Sitzungen, Sitzungen. Die ganze Familie hat diese Woche Sitzungen. Der Kleine, mit Mandelentzündung im Bett, muss seine "Kinderrunde" absagen. Mit dem Großen muss ich heute zum "Differenzierungsabend", ja so was gibt’s, wenn man in der siebten Klasse entscheiden muss, welche Spezialfächer man ab der achten wählt. War schon zu unserer Schulzeit so. Aber dass sich abends um 22 Uhr eine Mutter in Rage redet, sie könne mit ihrem Sohn diese Entscheidung nicht bis Freitag fällen, "das ist schließlich eine Festlegung für die Berufskarriere meines Sohnes!" – ne, das gabs früher nicht. Mal ehrlich: ob der 12-Jährige jetzt "Theatergruppe" oder "Sportabzeichen" wählt – daran wird die Karriere schon nicht scheitern.

Mittwoch

Noch eine Sitzung. "Wir hatten gestern Filialleiter-Sitzung", sagt meine Bäckersfrau, bei der ich jeden Morgen um halb sieben dieselbe Mischung kaufe: drei Vollkornbrötchen, drei Hefeweckchen. Ne, aber nicht heute. Bei der Filialleiter-Sitzung kam nämlich raus, dass die Hefeweckchen am Boden der Plastikkörbe kleben bleiben, wenn man sie warm einfüllt. Drum gibt’s die künftig erst, abgekühlt, ab sieben Uhr. Zu spät für uns. Ich hasse Sitzungen.

Donnerstag

Rekord. In der Redaktion in Frankfurt heute drei Sitzungen an einem Tag. Und das ohne Hefeweckchen, wegen der Sitzung von den Bäcker-Filialleitern. In Frankfurt steuert heute die Luminale ihrem Höhepunkt entgegen. Aber ich sitze abends im ICE zurück nach Köln mit Menschen, die sich über Klebstoff-Varianten unterhalten. In Köln ist nämlich "ChemPro", eine Messe über Chemical Processing, was auch immer das genau ist. Ach, falsche Messe, falsche Stadt, falsches Leben?

Freitag

Ha, richtiges Leben: Der ICE fährt völlig unbeirrt am Boden entlang, während in der Luft die Flugzeuge vom Aschestaub aus Island benebelt sind. Einszunull für die Bahn, die in den letzten Monaten ja auch das eine oder andere meteorologische Ereignis als Ausrede für ihre Ausfälle bemühte. Heute sind also die Flieger die doofen, und die Bahn ist die Krisengewinnlerin. Und noch mal richtiges Leben: In Köln fängt nächste Woche die ART an, eine wirklich schöne Messe mit schönen Menschen im ICE. Ach, nächste Woche bin ich ja in Frankfurt. Übrigens stehe ich am Supermarkt auch immer an der falschen Kasse. Es ist trotzdem ganz schön, das Leben.


Über die Autorin:

Ursula Ott, 45, ist stellvertretende Chefredakteurin von chrismon, Chefredakteurin von evangelisch.de, Mutter von zwei Kindern und pendelt täglich zwischen Köln und Frankfurt. www.ursulaott.de.

Neu im Buchhandel: Ursula Ott: "JA TOLL - Geschichten, die immer nur mir passieren", erhältlich im chrismon-shop!

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