Programmentwurf ist in Linkspartei umstritten

Programmentwurf ist in Linkspartei umstritten
Der von den scheidenden Parteichefs Lothar Bisky und Oskar Lafontaine vorgelegte Entwurf für ein Grundsatzprogramm der Linken stößt in der Partei auf Kritik.

"Dieser Entwurf ist verbesserungsfähig. Er wird auch verbessert werden", sagte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Montag). Er prophezeite: "Am Ende wird das Programm ein anderes sein." Lafontaine sagte dagegen am Sonntagabend im "Bericht aus Berlin" der ARD: "Ich glaube, dass in den Grundzügen sich nichts ändern wird, denn die Grundzüge geben ja das wider, was wir in den letzten vier Jahren zur Grundlage unserer Politik hatten."

Die Linke will sich nach dem Entwurf für einen radikalen System-Umbau zu einem demokratischen Sozialismus einsetzen. Dazu gehört eine Verstaatlichung der Banken ebenso wie eine Millionärssteuer und die 30-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich. Strom-, Telekommunikations- und Schienennetze sollen ebenfalls in öffentliches Eigentum überführt werden oder in staatlicher Hand bleiben. Die Linke will politische Streiks legalisieren, Volksentscheide auf Bundesebene einführen und Parteispenden von Unternehmen verbieten. Sie setzt sich für ein sofortiges Ende aller Kampfeinsätze der Bundeswehr, für ein Verbot von Rüstungsexporten und für die Auflösung der NATO ein. Die Linke will sich an keiner Regierung auf Bundesebene beteiligen, die Kriege führt und Aufrüstung vorantreibt.

Bartsch sagte: "Zur Frage der Regierungsbeteiligungen habe ich eine andere Position. Auch die Eigentumsfrage muss weiter diskutiert werden. Auch privates Eigentum ist kein Teufelszeug."

Thüringens Linken-Fraktionschef Bodo Ramelow begrüßte die Kritik in den eigenen Reihen: "Wenn jetzt alle Juchu schreien würden, fände ich das bedenklich." Diskussionsbedarf sehe er vor allem bei einigen abstrakten Passagen. "Da müssen wir die Sinnfrage stellen: Was heißt das jetzt konkret?"

Als Beispiel nannte er die Verstaatlichung der Banken. "Für mich heißt das konkret: Steuergeld darf es künftig nur noch gegen Eigentum geben." Der Staat dürfe nicht wie bei der Commerzbank marktbeherrschende Strukturen mit Steuergeld unterstützen, die anschließend ihrer Aufgabe - die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen - nicht nachkämen. "Aber das ist natürlich nicht entschädigungsloses Enteignen", betonte Ramelow. Nicht jede kleine Bank müsse zwangsläufig privatisiert werden.

Sachsens Linke-Fraktionschef André Hahn sagte der "Leipziger Volkszeitung" (Montag): "Eine massenweise Privatisierung von Unternehmen wird es definitiv nicht geben." Die Kernbotschaft in diesem Teil des Programmentwurfes sei, dass das private Kapital stärker dem Allgemeinwohl verpflichtet sein solle. "Wir wollen internationale Finanztransaktionen steuern. Wir wollen eine Börsenumsatzsteuer." Auch Hahn betonte: "Es ist ein Entwurf, es ist noch nicht das fertige Parteiprogramm. Es gibt Dinge, wo ich andere Formulierungen verwenden würde. Es gibt Dinge, über die man reden muss."

Hahn betonte, eine Regierungsbeteiligung in den Ländern stelle für die Linke auch künftig eine ernsthafte Option dar. Im Programm würden die Vorbedingungen dafür genannt. "Ob die dann alle dem Praxistest standhalten, das wird man sehen."

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert, kritisierte in der "Mitteldeutschen Zeitung" (Montag): "Der Entwurf erweckt den Eindruck, als hätten wir die Welt in Ordnung gebracht, wenn wir das Privateigentum abschaffen. Wir sollten mehr darüber reden, wie man Kapital gesellschaftlich kontrolliert." Auch dürfe man der bestehenden Gesellschaft "nicht sämtliche Freiheitsrechte absprechen". Immerhin seien die Freiheitsrechte in der Gesellschaftsform, die sich Sozialismus nannte, radikal eingeschränkt gewesen. Gallert sieht in dem Entwurf zudem "die Angst vorm Regieren": "Wir bauen da Hürden auf, von denen wir wissen, dass sie in absehbarer Zeit nicht zu überspringen sind."
 

dpa