Bei Kirchenaustritten kein einheitlicher Trend erkennbar

Bei Kirchenaustritten kein einheitlicher Trend erkennbar
Während die Debatte um sexuellen Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen die Öffentlichkeit beherrscht, steigt die Zahl der Kirchenaustritte in einigen Regionen Deutschlands offenbar leicht an. Ein eindeutiger Trend lässt sich allerdings anhand der aktuellen Zahlen nicht belegen.

Das ergab am Freitag eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bei Standesämtern und Amtsgerichten in der Bundesrepublik. Während in bayerischen Städten höhere Austrittszahlen registriert wurden, zeichnete sich in anderen Regionen kein nennenswerter Anstieg ab. Zudem blieb offen, ob es einen Zusammenhang zwischen den Austritten und der aktuellen Missbrauchsdebatte gibt. Die zuständigen Standesämter erheben die Gründe für den Kirchenaustritt nicht.

Am Amtsgericht Köln, das für das größte deutsche Erzbistum zuständig ist, beobachtete Richter Jörg Baack sogar einen stark rückläufigen Austrittstrend in den Monaten Januar und Februar. Dahinter vermutet er vorsichtig witterungsbedingte Gründe. Zahlen für den Monat März liegen dem Amtsgericht Köln erst am 1. April vor. In Köln waren im Januar 2010 den Angaben zufolge insgesamt 234 Personen aus der katholischen Kirche ausgetreten, im Februar waren es 159. In den Vergleichsmonaten des Vorjahres waren es 266 beziehungsweise 346. Im Jahr 2009 verließen nach Behördenangaben 2.754 Kölner Katholiken die Kirche.

Anstieg bei beiden Konfessionen

Aus der evangelischen Kirche traten in Köln im Januar 142 Personen aus. Im Februar waren es 97. Im Vorjahr wurden 1.576 Austritte aus der evangelischen Kirche verzeichnet. Das Standesamt Osnabrück meldet einen "vorübergehenden Anstieg" der Kirchenaustrittszahlen, der jedoch für beide christlichen Konfessionen gelte, sagte der Leiter Gerd Spielberg. Vor Bekanntwerden der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche seien es drei Austritte pro Woche gewesen. Derzeit seien es eher vier pro Woche. Daraus lasse sich kein Trend ableiten, hieß es.

In Teilen Bayerns nehmen die Kirchenaustritte offenbar zu. Seit Ende Februar seien die Zahlen angestiegen, sagte eine Sprecherin des Standesamtes München. Im März waren es in der Landeshauptstadt den Angaben zufolge nach zehn Tagen bereits 354 Menschen. Im Vergleich dazu traten in München im Februar des vergangenen Jahres 623 Menschen aus der Kirche aus. Der Jahresdurchschnitt 2009 lag in der Stadt des Ökumenischen Kirchentages 2010 bei 728,6 Austritten pro Monat. Eine Aufschlüsselung nach katholischen und evangelischen Austritten nimmt das Standesamt nicht vor.

Genaue Zahlen erst später

Im katholisch geprägten Kreis Paderborn gab es im Januar und Februar 125 Kirchenaustritte. Im ersten Quartal 2009 waren es 235. Im vergangenen Jahr verließen dort etwa 670 Menschen ihre Heimatkirche. Umfassendes Zahlenmaterial für März 2010 liegt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden voraussichtlich erst in zwei Jahren vor. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen zum Beispiel sind rund 120 Amtsgerichte für Kirchenaustritte zuständig. Die Zahlen werden einmal im Jahr den Bistümern mitgeteilt.

Die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland ist seit Jahrzehnten rückläufig. Ende 2008 waren bei den Behörden 25,2 Millionen Katholiken und 24,5 Millionen evangelische Christen registriert. Knapp 28 Millionen Menschen waren konfessionslos. Die Zahl der Muslime in der Bundesrepublik wird auf vier Millionen geschätzt.

epd