Familienministerin erntet Kritik für Pflege-Plan

Familienministerin erntet Kritik für Pflege-Plan
Der Plan von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) zur Ausweitung der Pflegezeit auf zwei Jahre stößt bei Sozialverbänden, Wirtschaft und Opposition weiterhin auf Kritik.

"Die finanzielle Absicherung der pflegenden Angehörigen ist nicht gewährleistet, wenn sie auf 25 Prozent ihres Lohns verzichten sollen", sagte die Präsidentin des Sozialverbandes Deutschland, Ulrike Mascher, der "Rheinischen Post" (Donnerstag). Pflegende Angehörige seien aber zumeist Frauen in schlecht bezahlten Jobs, so Mascher. "Der Vorschlag geht nicht weit genug."

Die Ministerin will Arbeitnehmern einen Rechtsanspruch auf eine zweijährige Pflegezeit für Angehörige geben. Ihr Modell sieht vor, während dieser Zeit halb zu arbeiten und drei Viertel des Gehalts zu beziehen. Sobald der Arbeitnehmer dann wieder voll arbeitet, bekäme er so lange 75 Prozent des Gehalts, wie er zuvor Teilzeit gearbeitet hat. Bisher gibt es für Arbeitnehmer die Möglichkeit, für die häusliche Pflege ein halbes Jahr aus dem Beruf auszusteigen.

Modell vergangener Gesellschaften

Pflegekritiker Claus Fussek sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag), die Pläne seien nicht einmal der Tropfen auf den heißen Stein. "Das Gros der Angehörigen hat davon überhaupt nichts." Der weit überwiegende Teil der pflegenden Angehörigen habe gar keine Zeit, noch eine andere Tätigkeit auszuüben. "Vielfach müssen die Angehörigen 24 Stunden täglich, sieben Tage die Woche und damit 30 oder 31 Tage im Monat ihre Liebsten pflegen", sagte Fussek.

Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast bezeichnete Schröders Vorstoß als ein Modell vergangener Gesellschaften. "Was die Menschen brauchen, ist eine dreimonatige Auszeit mit Lohnersatzleistung, um die Pflege eines Angehörigen zu organisieren und qualitativ hochwertige Pflegestützpunkte, die alle notwendigen Dienstleistungen anbieten", forderte sie in den "Ruhr Nachrichten" (Donnerstag).

Professionalisierung der Pflegeangebote notwendig

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach, bezeichnete den Schröder-Plan als "gefährliche Falle für Frauen, weil sie damit aus dem Beruf gelockt werden". Er sagte der "Neuen Presse" (Donnerstag), die Gefahr sei groß, dass Frauen nach der Pflegezeit lieber ganz aus dem Beruf auszusteigen. Schröders Konzept entspreche einem überholten Familienbild. "Das ist wie bei vielen Vorschlägen der CDU: Am Ende sollen die Frauen zurück an den Herd gelockt werden." Die SPD habe vorgeschlagen, die Pflegesätze für die ambulante Betreuung daheim deutlich zu erhöhen. "Das wäre eine sinnvolle und ganz einfache Maßnahme." Doch die Union sei dagegen.

Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Achim Dercks, sagte der "Berliner Zeitung" (Donnerstag), dass bei diesem gesamtgesellschaftlichen Thema die finanziellen Risiken nicht einseitig beim jeweiligen Betrieb abgeladen werden dürften. Statt eine staatliche Einheitslösung festzuschreiben, sollten gute Arbeitszeitmodelle aus der Praxis bekannter gemacht werden. Zudem sei eine Professionalisierung der Pflegeangebote notwendig.

dpa