Debatte über Konsequenzen aus Missbrauchsskandal

Debatte über Konsequenzen aus Missbrauchsskandal
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat eine "offensive und lückenlose" Untersuchung der Missbrauchsfälle an katholischen Schulen angekündigt. Die FDP- und die Unionsfraktion im Bundestag schlugen unterdessen vor, die Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen deutlich zu verlängern. Nur so lasse sich eine lückenlose Verfolgung der Täter sicherstellen, sagte FDP-Rechts- und Innenexperte Hartfrid Wolff.

"Wir wollen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zur Aufklärung beitragen", sagte der Bischof am Freitag in Trier. Darauf hätten die Opfer ein Recht. Ackermann war am Donnerstag von der Deutschen Bischofskonferenz zum Beauftragten für sexuelle Missbrauchsfälle ernannt worden.

Justizministerin für Überarbeitung der Leitlinien

Er wolle zunächst die kirchlichen Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch überprüfen und präzisieren, kündigte Ackermann an. Außerdem werde er das Gespräch mit externen Beratern und Experten suchen. Hier gebe es bereits Angebote von dritter Seite. Dazu wolle er auf die Verantwortlichen in der Priesterausbildung zugehen. Den Opfern bot Ackermann "jede Form der menschlichen, seelsorglichen und therapeutischen Hilfe" an.

Ackermann war berufen worden, nachdem 115 Fälle von Kindesmissbrauch an katholischen Schulen bekannt geworden waren, die in die 50er-Jahre zurückreichen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) bekräftigte ihre Forderung nach einer konsequenten Überarbeitung der kirchlichen Leitlinien. Die Ministerin hält insbesondere die Kooperation zwischen Kirche und Strafverfolgungsbehörden für verbesserungsbedürftig. Die Beschlüsse der Deutschen Bischofskonferenz seien ein Schritt in die richtige Richtung, unterstrich ein Sprecher in Berlin.

Unterdessen mehren sich Stimmen, die die deutschen Bischöfe zu weiter reichenden Konsequenzen auffordern. Die Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenordens, Ursula Raue, äußerte sich skeptisch zu der Entscheidung, einen internen Beauftragten einzusetzen. "Eigentlich braucht man jemanden, der außerhalb des Systems steht", sagte die Berliner Rechtsanwältin im ZDF-"Morgenmagazin". Dennoch sei der Beschluss ein guter Anfang.

Mehr externe Ombudsleute?

Auch Mitglieder der katholischen Reformbewegung "Wir sind Kirche" bezeichneten die Schritte der Bischofskonferenz als halbherzig. Die katholische Kirche müsse sich mehr auf die Zusammenarbeit mit weltlichen Instanzen einlassen und sich eindeutig auf die Seite Opfer stellen, forderte die Theologin Magdalena Bussmann im WDR.

Die Ernennung eines Missbrauchsbeauftragten ist nicht neu: Jedes der 27 Bistümer hat jeweils bereits mindestens einen Beauftragten. Diese sind in unterschiedlichem Maß unabhängig. Die Bischofskonferenz will jetzt prüfen, ob es mehr externe Ombudsleute geben soll. "Es kommt aber eher auf die Ausbildung und die Persönlichkeit an als auf die Frage intern oder extern", sagte eine Sprecherin der Bischofskonferenz dem epd.

Das Erzbistum Berlin bestätigte dem epd, dass der dortige Missbrauchsbeauftragte Stefan Dybowski darum gebeten habe, von seinem Amt entbunden zu werden. Domprobst Dybowski leitet mittlerweile zugleich die Seelsorge-Abteilung im Ordinariat und hat damit nach eigener Einschätzung nicht die nötige Distanz zu möglichen Tätern. Der Geistliche schlägt vor, das Amt des Missbrauchsbeauftragten durch eine externe Kommission zu ersetzen. Ob und wann dies geschieht, ist derzeit aber noch offen. Das Erzbistum hat im Moment unter anderem einen Missbrauchsverdacht im Stadtteil Hohenschönhausen zu untersuchen.

Verjährungsfristen verlängern

Die FDP- und die Unionsfraktion im Bundestag schlugen unterdessen vor, die Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen deutlich zu verlängern. Nur so lasse sich eine lückenlose Verfolgung der Täter sicherstellen, sagte FDP-Rechts- und Innenexperte Hartfrid Wolff der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Heute liegt die strafrechtliche Verjährungsfrist in Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs bei zehn Jahren. Für besonders schwere Fälle gilt eine Frist von 20 Jahren. Der sexuelle Missbrauch von minderjährigen Schutzbefohlenen verjährt derzeit nach fünf Jahren. Die Fristen beginnen in allen Fällen erst mit der Volljährigkeit des Opfers zu laufen.

"Sexueller Missbrauch von Kindern muss strafrechtlich zum Verbrechen aufgestuft werden", erklärten die Unionsabgeordneten Günter Krings und Michael Grosse-Brömer. Mit der Einordnung als Verbrechen betrage die Mindeststrafe ein Jahr. "Wir wollen zudem den Strafrahmen auf bis zu 15 Jahre erhöhen, damit die Taten nicht mehr nach zehn, sondern erst nach 20 Jahren ab Eintritt der Volljährigkeit verjähren", so die Parlamentarier.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hatte sich am Donnerstag noch einmal bei den Missbrauchsopfern entschuldigt. Auch die Deutsche Ordensobernkonferenz bat am Freitag die Opfer um Entschuldigung. "Wir sind über das Ausmaß derartiger Übergriffe in nicht wenigen Einrichtungen unserer Ordensgemeinschaften erschrocken", hieß es in einer Erklärung.

epd