Hartz IV: Von der Leyen stellt Reformen in Aussicht

Hartz IV: Von der Leyen stellt Reformen in Aussicht
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich für grundsätzliche Verbesserungen bei Hartz IV ausgesprochen. Zugleich lehnte sie eine "Totalveränderung" der Arbeitsmarktgesetze ab. Zuvor hatte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) eine "Grundrevision der Hartz-IV-Gesetze" gefordert. Auch in der SPD werden die Rufe nach Korrekturen an den unter dem sozialdemokratischen Kanzler Gerhard Schröder eingeführten Arbeitsmarktreformen lauter.

Rüttgers will höhere Leistungen für Langzeitarbeitslose, die lange in die Sozialkassen eingezahlt haben. Zugleich hatte er verlangt, die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose zu erweitern und die pauschalisierten Leistungen für Kinder dem Alter angemessen zu berechnen.

Rüttgers habe "Recht mit seinen Beispielen", sagte von der Leyen der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe). "Wir brauchen keine Totalveränderung. Ich möchte in meiner Amtszeit aber verbessern, was bei Hartz IV zu hastig umgesetzt wurde, wo Menschen durchs Netz gefallen sind", sagte die Ministerin. Sie kündigte an, sie wolle neue arbeitsmarktpolitische Maßnahmen durchsetzen: "Die Agenda 2010 ist vorbei und wir müssen ein neues Kapitel aufschlagen."

Ministerin: Sanktionsmöglichkeiten bei Hartz IV reichen

Von der Leyen sprach sich auch für ein konsequentes Vorgehen gegen arbeitsunwillige Hartz-IV-Empfänger aus. Zugleich lehnte sie am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will" eine Verschärfung der Sanktionen ab. "Ich bin der festen Überzeugung, dass die Sanktionsmöglichkeiten, die wir haben, ausreichend sind. Aber wir sehen, dass ganz unterschiedlich damit umgegangen wird." Manche Kommunen kümmerten sich konsequenter als andere um Hartz-IV-Empfänger.

Von der Leyen betonte: "Es ist meine feste Überzeugung, die meisten Menschen wollen raus aus Hartz IV." Wenn jemand aber wiederholt nicht zu Terminen erscheine und Arbeitsangebote ablehne, müssten auch Sanktionen greifen. "Das heißt, es gibt nichts fürs Nichtstun." Die Ministerin sprach sich zugleich für Korrekturen an der Arbeitsmarktreform aus. Der Grundgedanke von Hartz IV sei zwar richtig. "Nur vieles an der Reform ist hastig gemacht worden. Hier muss man deutlich nachbessern."

Sie kündigte an, dass künftig genauer hingesehen werde, wenn jemand nicht arbeiten wolle. "Wir werden es nicht akzeptieren, wenn jemand ohne nachvollziehbaren Grund nicht oder nur wenige Stunden arbeitet", sagte sie zu "Bild". Hartz IV sei eingeführt worden, damit jeder, der arbeiten könne, auch eine Chance bekomme. 

"Debatte über Hartz IV ohne Denkverbote"

Auch führende SPD-Politiker sprachen sich für Korrekturen bei Hartz IV aus. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil sagte der "Welt am Sonntag", in einem Punkt habe Rüttgers recht: "Die Leistungen für Kinder und Alleinerziehende müssen verbessert werden." Zugleich kritisierte er Rüttgers, der kurz vor der NRW-Landtagswahl im Mai "wieder den Sozial-Schauspieler" gebe. Auch der thüringische Wirtschafts- und Arbeitsminister Matthias Machnig (SPD) bezeichnete eine Diskussion über die Weiterentwicklung der Hartz-IV-Gesetze als notwendig.

Die Vorsitzende der Jungsozialisten, Franziska Drohsel, sprach sich ebenfalls für eine Reform der Hartz-IV-Gesetze aus. "Wir brauchen eine Debatte über Hartz IV ohne Denkverbote. In der SPD gibt es dazu nun diese Bereitschaft. Alles gehört auf den Prüfstand", sagte Drohsel der Tageszeitung "Die Welt" (Montagsausgabe). Der Satz für Kinder müsse erhöht, die Sanktionsmechanismen müssten abgeschafft werden.

ALG I auf 24 Monate verlängern

Der hessische SPD-Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel wolle der SPD-Parteiführung in Berlin ein Diskussionspapier vorlegen, wonach bestimmte Erwerbslose künftig mehr Geld erhalten sollen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (Samstagsausgabe). Die Hessen-SPD wolle einen neuen "Anerkennungsbonus" für Empfänger von Arbeitslosengeld II einführen. Dieser solle sich ähnlich wie vor der Reform nach der Zahl der eingezahlten Monatsbeiträge richten.

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Klaus Ernst, bezeichnete Hartz IV als eine "Armuts- und Niedriglohnmaschine". Er forderte eine Überprüfung des gesamten Gesetzes sowie ein Bündel von Sofortmaßnahmen, um die Lage der Arbeitslosen schnell zu verbessern. Zudem müsse das Arbeitslosengeld I in der Krise für alle Anspruchsberechtigten auf 24 Monate verlängert werden. 

epd / dpa