Störungen im Betriebsablauf (Folge 13)

Störungen im Betriebsablauf (Folge 13)
So einfach sich ja auf die Bahn schimpfen lässt - Billigflieger sind auch nicht besser. Im Gegenteil. Kommunikation ist dort nicht so angesagt, wie unsere Autorin Ursula Ott feststellen musste.
23.12.2009
Von Ursula Ott

Meine Woche vom 20. bis 23. Dezember

Sonntag

Ach, auf die Bahn wollen wir nie wieder schimpfen. Wir sitzen im Billigflieger von Wien nach Köln, und nichts geht wegen Schnee. Gut, das wäre jetzt im ICE dasselbe Spiel, denn in Mitteleuropa ist Winter, und der ist nun mal eine einzige Störung im Betriebsablauf. Aber eines macht die Bahn deutlich besser: Sie spricht mit ihren Gästen! Im Flieger hingegen: Schweigen, nichts als Schweigen. Wann geht es weiter? Kommen wir heute noch hier weg? Die Stewardess beherrscht nur eine Geste: Achselzucken. Da hätte die Bahn uns schon längst alle technischen Details über festgefrorene Weichen und Störungen am Zugfahrzeug um die Ohren gehauen. Was die Bahn manchmal zuviel macht, macht German Wings zu wenig: reden! Und als der Flieger mit sieben Stunden Verspätung zum Landeanflug ansetzt, wissen wir nicht, wo wir überhaupt sind. Von Brüssel war die Rede, von Münster/Osnabrück und von Maastricht. "Ten Minutes to land", sagt der Pilot, und 130 Leute schreien: "Woho?" Das ist Brüssel, sagt einer, sieht man an den beleuchteten Autobahnen. Quatsch, Köln, weiß der nächste, soviel dunkler Wald um die Landebahn, das muss die Wahnerheide sein. Das wäre im Zug auch besser: Da sieht man einfach immer den Kölner Dom. Und wenn man ihn nicht sieht, ist es halt nicht Köln.

Montag

Gottseidank, es war Köln. Und es war Mitternacht. Und ich habe die Wette gegen meinen Freund gewonnen, dass man auch nach Mitternacht noch ein Kölsch kriegt in Köln. Das musste ja doch gefeiert werden, dass wir noch heil in Köln gelandet sind, wenn auch spät. Jetzt habe ich einen Kater. Und sitze im ICE nach Frankfurt, im einzigen, der fährt. Zug aus Amsterdam, gestrichen. Zug aus Brüssel, gestrichen. Da oben Richtung Kanalküste ist es kalt, drum ist ja auch der Eurostar unterm Kanal hängengeblieben. Im Eurostar haben sich die Gäste übrigens beschwert, dass das frankophone Zugpersonal kein englisch kann. Und bei uns lästern alle darüber, dass das Zugpersonal so viel englisch spricht, aber nicht Oxford. Senk ju for trävelling, haha, witzig. Dabei reicht doch das Bahnenglisch vollkommen aus für den Bahnkunden. Ja, soll die Bahn denn etwa graduierte Anglisten beschäftigen? Dann wird Zug fahren aber noch teurer, das Geschrei möchte man hören.

Dienstag

Ich merke schon, wie gnädig mein Blick auf die Bahn ausfällt. Liegt am milden Adventslicht, an der Erschöpfung – oder auch daran, dass die Handytelefonate im ICE netter sind als sonst. Der Normalfall ist ja: "Der Becker soll das machen mit dem K1, sonst Ende Gelände". Und heute klingen die Gespräche mehr wie: "600 Gramm Wildschwein-Medaillons – meinst du, das reicht? Den Rosenkohl habe ich vorbestellt. Kannst du den noch schnell abholen?" Wer pendelt, muss sein Festtags-Essen noch genauer planen als der Normalbürger. Dafür haben Pendler mehrere Orte, an denen sie einkaufen können. Wild kauft man besser in Frankfurt, frisches Gemüse besser in Köln. Und eine Stunde Zugfahrt überstehen Lebensmittel allemal.

Mittwoch

Entschleunigung total. Die S Bahn ist schon ganz leer, vor allem die Studenten sind offenbar alle schon bei Mama und Papa. Jetzt muss nur noch die letzte Herausforderung gemeistert werden: Heimfahrt am 23.12. nachmittags. Letztes Jahr war der Zug rappel-rappel voll. Hauptsache, die Geschenke sind bruchsicher und quetsch-resistent verpackt. Und dann – ah Weihnachten. Eine Woche ohne ICE, auch schön. Ich wünsche allen Mobilen und allen Sesshaften einen ungestörten, friedlichen Heiligabend!



Über die Autorin:

Ursula Ott, 45, ist stellvertretende Chefredakteurin von chrismon, Chefredakteurin von evangelisch.de, Mutter von zwei Kindern und pendelt täglich zwischen Köln und Frankfurt. www.ursulaott.de

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