Die wahren Fälle des Dr. Gregory House

Die wahren Fälle des Dr. Gregory House
Die Ärztin, die den Anstoß zur Kultserie gab, kann den menschenfeindlichen TV-Doktor nicht leiden und berichtet in einem Buch über komplizierte medizinische Diagnosen.
02.12.2009
Von Martin Weber

Alle Welt liebt Dr. House, nur seine Miterfinderin nicht: Er sei alles andere als ein Doktor, dessen bloße Gegenwart Vertrauen und Zuversicht vermittle, schreibt die amerikanische Ärztin und Autorin Lisa Sanders, die den Anstoß zu der von Hugh Laurie verkörperten Fernsehfigur gab und als Beraterin für die weltweit erfolgreiche Serie "Dr. House" arbeitet, die in Deutschland bei RTL zu sehen ist.

"Er ist vielmehr selbstverliebt und arrogant, drogensüchtig und auf gewisse Weise ein Pedant", heißt es in Sanders’ jetzt auch auf Deutsch erschienenem Sachbuch "Detektive in Weiß". Ein echter Arzt, der so mit seinen Patienten umgehe, gehöre verprügelt, sagte die Medizinerin sogar in einem Interview, doch sie weiß natürlich, dass im Fernsehen andere Gesetze gelten: Dort macht die schillernde Persönlichkeit des menschenhassenden, aber genialen US-Doktors Gregory House viel vom Reiz der Kultserie aus.

Verzwickte Fälle

Seine Anziehungskraft bezieht "Dr. House" außerdem aus den verzwickten medizinischen Fällen, die der bärbeißige Mediziner mit seiner fast schon göttlichen Gabe für die richtige Diagnose im Stile eines Sherlock Holmes löst – und die basieren meistens auf realen Patientengeschichten, wie Lisa Sanders in ihrem faszinierenden Buch schreibt. Seit einigen Jahren berichtet die Internistin im "New York Times Magazine" in einer regelmäßigen Kolumne über verzwickte Krankheitsgeschichten und schwierige Diagnosen – wahre Geschichten, die sie als praktizierende Ärztin selber erlebt hat, die ihr Berufskollegen nach Feierabend erzählt haben oder die sie in medizinischen Fachzeitschriften gelesen hat.

Ein findiger amerikanischer TV-Produzent namens Paul Attanasio wurde auf die Kolumne mit dem schlichten Titel "Diagnosis" aufmerksam und hatte den naheliegenden Einfall, daraus etwas fürs Fernsehen zu machen – die Idee zu "House", wie die 2004 gestartete Serie im amerikanischen Original heißt, war geboren. "Ich erklärte mich zur Mitarbeit bereit und war überzeugt, die Serie werde nicht lange laufen", schreibt Lisa Sanders. Sie wurde zu ihrer und Attanasios Freude eines Besseren belehrt: Für den US-Sender Fox erwiesen sich die Storys mit dem mürrischen Doktor als Volltreffer, und auch in zahlreichen anderen Ländern schlugen sie ein – in Deutschland startete "Dr. House" im Mai 2006 und ist mit mehreren Millionen begeisterten Fans und tollen Einschaltquoten mittlerweile eine der beliebtesten Fernsehserien überhaupt.

"Detektive in Weiß" ist ein lesenswertes Werk über viele verzwickte Krankheitsdiagnosen, auf denen "Dr. House" teilweise basiert – es erzählt sozusagen die wahren Geschichten hinter der Serie. Es geht um mysteriöse Symptome, merkwürdige Krankheitsverläufe, tückische Viren und verzweifelte Patienten, denen dank eines korrekten Befunds letztendlich doch noch geholfen werden konnte. Eingefleischte Fans von "Dr. House" werden einige der Krankengeschichten oder Elemente davon problemlos wiedererkennen: So etwa den Fall einer Patientin, die an der seltenen Wilson-Krankheit litt, einer Kombination aus Leberversagen und Zerstörung der roten Blutkörperchen, die anhand eines kaum erkennbaren goldbraunen Rings rund um die Iris des Auges diagnostiziert werden kann. Doch nicht nur für sie ist Sanders’ Buch ein spannender Ausflug in die Welt der Medizin. 
 

Buch: Lisa Sanders, "Detektive in Weiß", Irisiana-Verlag München, 397 Seiten, 19,95 Euro


Martin Weber ist freier Journalist und lebt in Berlin.