Regierungserklärung von A bis Z: Was hat Merkel wozu gesagt?

Regierungserklärung von A bis Z: Was hat Merkel wozu gesagt?
Die Steuerreform stand im Mittelpunkt - aber auch Themen wie Klima, Bildung, Entwicklungshilfe und Opel kamen zur Sprache. Was hat die Kanzlerin wozu gesagt? Ein Überblick.

Fünf Punkte hob Merkel in ihrer ersten Regierungserklärung der neuen Legislaturperiode als besonders wichtig für das Regierungsprogramm von Union und FDP hervor. Als erstes müssten die Folgen der Krise überwunden werden. Zweitens gehe es um das Verhältnis der Bürger zu ihrem Staat. Drittens müssten Antworten auf die Veränderungen beim Altersaufbau gefunden werden. Zum Vierten müsse der Umgang mit den natürlichen Ressourcen geregelt und dafür ein globaler Ordnungsrahmen gefunden werden. Schließlich gehe es angesichts neuer Bedrohungen um das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit. Im folgenden Äußerungen Merkels zu ausgewählten Einzelthemen:

Abrüstung

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Merkel sprach sich für einen "breiten sicherheitspolitischen Dialog" mit Russland aus. Sie teile ausdrücklich auch das Ziel des amerikanischen Präsidenten Barack Obama, eine atomwaffenfreie Welt zu schaffen. "Abrüstung muss auf die Tagesordnung gesetzt werden."

Afghanistan

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Die Kanzlerin lobte die Bundeswehr für ihren Einsatz in Afghanistan. Auf der für Anfang nächsten Jahres geplanten nächsten Afghanistan-Konferenz müsse zusammen mit der neuen Regierung in Kabul eine "Übergabestrategie in Verantwortung" festgelegt werden. Zugleich ermahnte Merkel Afghanistans Präsidenten Hamid Karsai zu "guter Regierungsführung". Karsai war kürzlich wiedergewählt worden, die Wahl war jedoch von Fälschungen überschattet.

Anreize für Arbeit

Für Arbeit sollen Merkel zufolge mehr Anreize geschaffen werden - etwa durch die Anhebung des Schonvermögens für Hartz-IV-Bezieher und die Ausweitung der Hinzuverdienstgrenzen für Langzeitarbeitslose.

Bildung

Hier will Schwarz-Gelb laut Merkel einen Schwerpunkt setzen. Jeder zehnte Bundesbürger unter 34 Jahren habe keinen Schul- oder Berufsabschluss - bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund sogar jeder Dritte. Der Bund wird laut Merkel seine Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2013 um zwölf Milliarden Euro erhöhen. Damit leiste er seinen Anteil an dem gemeinsamen Ziel von Bund und Ländern, die Ausgaben für Bildung und Forschung auf zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu erhöhen. Die Bundesregierung erwarte, dass auch die Länder ihren Beitrag dazu leisteten.

Betreuungsgeld

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Merkel rechtfertigte die heftig umstrittene Absicht der schwarz- gelben Koalition, Familien künftig ein Betreuungsgeld von 150 Euro monatlich zu zahlen, wenn sie ihre Kinder unter drei Jahren zu Hause selbst betreuen und nicht eine Kinderkrippe in Anspruch nehmen. Damit schaffe die Koalition für die Eltern "Wahlfreiheit". Das Betreuungsgeld könne "notfalls auch mit Bildungsgutscheinen" realisiert werden. Damit reagierte Merkel auf Vorwürfe, dass Eltern aus der Unterschicht dieses Geld nur für Konsumgüter oder Alkohol ausgeben könnten, aber gerade diese Kinder auf soziale Kontakte im Kindergarten angewiesen seien. "Die Wahlfreiheit der Eltern wird gestärkt ohne die Bildungschancen der Kinder zu schmälern", sagte die Kanzlerin.

Einsparungen

Die Bundeskanzlerin erteilte massiven Einsparungen angesichts der Rekordverschuldung eine klare Absage. Um das im kommenden Jahr erwartete Defizit im Bundesetat von 86 Milliarden Euro auszugleichen, wäre das größte Streichungspaket in der Geschichte Deutschlands notwendig. Dies sei aber keine Alternative. Die Koalition habe sich dafür entschieden, jetzt rasch die Voraussetzungen für mehr Wachstum zu schaffen.

Entwicklungszusammenarbeit

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Merkel bekräftigte die Zusage Deutschlands, die Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufzustocken: "Das ist eine moralische Aufgabe." Zurzeit liegt die Quote bei 0,38 Prozent. Die Kanzlerin trat zudem der Kritik an der Übertragung des Ministeriums an die FDP entgegen, die vor der Bundestagswahl angekündigt hatte, das Entwicklungsministerium abschaffen zu wollen. "Für die neue Regierung ist Entwicklungszusammenarbeit keine Nebensache, sondern eine Hauptsache", sagte Merkel.

Finanzmarktregulierung

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Die Kanzlerin bekräftigte, dass sich Deutschland bei der Neuordnung der globalen Finanzmärkte und den Bemühungen für mehr Transparenz auch für eine globale Finanzmarktsteuer einsetzen werde. "Wenn wir international übereinkommen, bin ich sehr dabei, dass wir über eine Börsenumsatzsteuer zum Beispiel international die Banken an der Begleichung der Schäden dieser Krise beteiligen." Zuletzt waren die führenden Wirtschaftsnationen (G20) uneins über die Einführung einer solchen globalen Abgabe auf Finanztransaktionen. Widerstand kommt unter anderem aus den USA.

Gesundheitspolitik

Merkel verteidigte die umstrittenen Pläne von Schwarz-Gelb in der Gesundheits- und Pflegepolitik. "Es muss Schluss sein mit den reflexartigen Reaktionen." Die Arbeitskosten müssten von den Gesundheitskosten entkoppelt werden, "egal welche Widerstände" es gebe. Jeder solle aber die nötige medizinische Versorgung bekommen. Die Gesundheitsreform und den Gesundheitsfonds der früheren schwarz-roten Regierung bezeichnete Merkel als "richtige und gute Schritte" - nun müssten weitere folgen hin zu einem langfristigen, tragfähigen, solidarischen System.

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Bei der Pflege komme "die Ergänzung der Umlagefinanzierung durch eine Kapitaldeckung". Der Zusammenhalt von Jung und Alt könne nur bewahrt werden, wenn steigende Kosten nicht nur der jüngeren Generation angelastet würden. "Wir werden am Ende nicht weniger Zusammenhalt, sondern mehr Zusammenhalt haben."

Jobcenter und Bundesagentur

Merkel hat dafür plädiert, die Arbeitsmarktpolitik insgesamt wirksamer und einfacher zu gestalten. "Erst muss der betroffene Mensch, dann erst das politische Instrument kommen", sagte Merkel mit Blick auf die Neuorganisation der Jobcenter. Die Zahl der Programme müsse insgesamt reduziert werden. Schwarz-Gelb Koalition hatte angekündigt, die Jobcenter für Langzeitarbeitslose so umzuorganisieren, dass Arbeitsagenturen und Kommunen ihre Aufgaben wieder getrennt wahrnehmen. Die beiden Behörden sollen künftig freiwillig zusammenarbeiten.

Klima

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Angela Merkel will am UN-Weltklimagipfel in Kopenhagen teilnehmen. Das stellte sie in ihrer Regierungserklärung klar und warnte vor einem Scheitern: Innerhalb des nächsten Jahrzehnts werde sich entscheiden, ob die Auswirkungen des Klimawandels begrenzt werden könnten. "Ein Misserfolg der Klimakonferenz würde die internationale Klimapolitik um Jahre zurückwerfen. Das können wir uns nicht leisten", sagte Merkel. Insbesondere mahnte die Kanzlerin mehr Anstrengungen von Ländern wie den USA, China und Indien an. In Kopenhagen soll über ein neues weltweites Klimaschutzabkommen gesprochen werden. Das bislang gültige Abkommen von Kyoto läuft 2012 aus.

Kreditvergabe

Merkel appellierte an die Banken, die vom Staat geschaffenen Möglichkeiten zu nutzen und ausreichend Kredite zu vergeben. "Es scheint mir Zeit zu sein, daran zu erinnern (...), dass der Finanzsektor eine dienende Funktion hat", so die Kanzlerin. "Ansonsten werden wir große Schwierigkeiten mit unserer Wirtschaft haben." Eine Kreditklemme für die Wirtschaft müsse vermieden werden. Deshalb werde der "Deutschlandfonds" für notleidende Unternehmen überprüft und gegebenenfalls angepasst. Der Fonds umfasst ein staatliches Kredit- und Bürgschaftsprogramm von 115 Milliarden Euro, um Unternehmen zu helfen, die wegen der Krise Probleme haben.

Kurzarbeit

Nur die Verlängerung der Kurzarbeit habe die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland bisher einigermaßen gering gehalten, sagte die Kanzlerin. Gleichzeitig prognostizierte sie, dass die Krise ihre volle Wirkung erst im kommenden Jahr zeigen werde. Die schwarz-gelbe Regierung werde das Kurzarbeitergeld erneut verlängern.

Mindestlohn

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Die Kanzlerin sprach sich dafür aus, sittenwidrige Löhne zu verbieten. Einem einheitlichen gesetzlichen Mindestlöhne erteilte sie jedoch erneut eine Absage. "Mindestlöhne sind ein Hindernis für mehr Beschäftigung", so Merkel.

Opel

Nach der geplatzten Übernahme von Opel durch Magna kritisierte Merkel die Manager des Mutterkonzerns General Motors (GM). "General Motors war über Monate hinweg nicht in der Lage, seiner Verantwortung als Mutterkonzern von Opel auch nur annähernd gerecht zu werden." Die Opel-Beschäftigten hätten große Opfer gebracht und von GM Verlässlichkeit erwartet: "Sie wurden tief enttäuscht."

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Hoffnungen des Detroiter Autoriesen auf üppige Staatshilfen dämpfte Merkel: Die Sanierung könne nur gelingen, "wenn General Motors den Hauptanteil der Restrukturierung mit eigenen Mitteln trägt". Sie stellte klare Forderungen: "Wir erwarten, dass General Motors schnell ein verlässliches Konzept vorlegt, das Opel Europa und den deutschen Standorten auch die Chance gibt auf eine gute Zukunft." Bund und Länder seien grundsätzlich bereit, alles Notwendige für die vier deutschen Opel-Werke zu tun.

Steuerreform

Merkel stellte klar, dass es - als "weiterer Wachstumsimpuls" nach den bereits auf den Weg gebrachten Entlastungen - 2011 zu einer Reform der Einkommensteuer kommen werde. "Diesen Impuls werden wir auch dazu nutzen, um strukturelle, langfristige Veränderungen im Steuersystem vorzunehmen." Im Koalitionsvertrag von Union und FDP steht, dass eine Reform mit Stufentarif "möglichst" 2011 kommen solle.

[linkbox:nid=6252;title=Kritik eines Sozialexperten]

"Einfach, niedrig und gerecht - das muss die Maßgabe sein, dafür stehen wir ein", so Merkel zum Steuersystem. Leistungsfeindliche Elemente wie der sogenannte Mittelstandsbauch müssten schrittweise abgebaut werden, Kinder müssten im Steuerrecht mittelfristig wie Erwachsene behandelt werden. Der "Mittelstandsbauch" entsteht, weil der Steuertarif zwischen 14 und 42 Prozent nicht gleichmäßig steigt, sondern (Stand 2009) bis zum Einkommen von 13.139 Euro sehr steil. Bereits von 13.140 Euro an verlangt der Fiskus 24 Prozent. Nach einem "Knick" verläuft die Kurve dann flacher, bis bei 52.552 Euro ein Satz von 42 Prozent gilt. Kleinere und mittlere Einkommen werden so im Vergleich zu höheren Einkommen proportional stärker belastet. Allein eine volle Begradigung würde 25 Milliarden Euro kosten. Details der Neuregelung ließ die Kanzlerin offen.

Tarifautonomie

Merkel bekannte sich eindeutig zur Tarifautonomie. "Wir werden die Mitbestimmung und die Betriebsverfassung nicht ändern", sagte die Kanzlerin mit Blick auf Pläne des Koalitionspartners FDP.

Wehrpflicht

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Merkel verteidigte die Entscheidung der neuen Koalition, die Wehrpflicht auf nur noch sechs Monate zu verkürzen. Schwarz-Gelb habe "nicht beschlossen, die Wehrpflicht abzuschaffen". Jetzt gehe es darum, diese sechs Monate so effizient wie möglich auszugestalten. Ziel sei "mehr Wehrgerechtigkeit als heute".

Wirtschaftskrise

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Die Kanzlerin betonte, die Krise werde Deutschland auf unabsehbare Zeit beschäftigen. Deutschland stehe vor einer "Bewährungsprobe": Die Bundesrepublik stecke in der schwersten Rezession ihrer Geschichte; "die volle Wucht der Auswirkungen der Krise wird uns im nächsten Jahr erreichen". Der Wachstumseinbruch sei fünfmal stärker als der größte Rückgang Anfang der 70er Jahre. Wichtige Banken seien nach wie vor vom staatlichen Rettungsschirm abhängig. Der Finanzmarkt sei noch nicht wieder stark genug, um der weltweiten Bedeutung der Wirtschaftsnation Deutschland gerecht zu werden.
 

dpa/epd/ups