Zentralrats-Vize: Juden fühlen sich zunehmend zu Hause

Zentralrats-Vize: Juden fühlen sich zunehmend zu Hause
Die Bindung der in der Bundesrepublik lebenden Juden an Deutschland ist nach Einschätzung von Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, beständig gewachsen. In Deutschland leben rund 200.000 Juden. Viele von ihnen sind nach dem Ende des Kommunismus aus Osteuropa zugewandert.

"Juden fühlen sich in Deutschland zunehmend zu Hause", sagte Korn am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Er verwies auf die Identifikation jüngerer Juden in Deutschland mit der Fußball-Nationalmannschaft. So habe die erste Generation der Juden nach dem Zweiten Weltkrieg immer gehofft, dass die deutsche Mannschaft verliert. Die zweite Generation habe begonnen, zu den Bundesligamannschaften ihrer jeweiligen Städte zu halten. "Jetzt in der dritten Generation stelle ich fest, dass es dieser dritten Generation sehr wichtig ist, dass sowohl die ansässige Bundesligamannschaft als auch die deutsche Nationalmannschaft gewinnt."

Korn warf Politik und Medien vor, den Zentralrat für Moralthemen zu instrumentalisieren. So versuchten Politiker und auch ein Großteil der Bevölkerung, das unbequeme Thema extremistischer Tendenzen an den Zentralrat zu delegieren. Die verantwortlichen Bürgermeister, Minister oder Ministerpräsidenten würden auf den Zentralrat vertrauen, statt sich selbst die notwendigen Gedanken zu machen. Allerdings äußerte Korn auch Selbstkritik: "Ich gebe zu, wir sind tatsächlich manchmal wie die Gänse auf dem Kapitol. Wir schnattern, wenn wir glauben, dass was los ist. Und manchmal schnattern wir vielleicht einmal zu viel." Es könne sein, dass das zu einer Inflationierung führt. "Das will ich alles nicht bezweifeln, aber es ist ein Prozess auf Gegenseitigkeit", sagte Korn.

Novemberpogrome vor 71 Jahren

Am Montag jährt sich die NS-Pogromnacht vom 9. November 1938 zum 71. Mal. Bei den Übergriffen gegen Synagogen und andere jüdische Einrichtungen wurden knapp 100 Menschen getötet und Zehntausende verschleppt. Die Novemberpogrome gelten als Auftakt zum Völkermord an den Juden, dem rund sechs Millionen Menschen zum Opfer fielen. Die Zahl der heute in Deutschland lebenden Juden liegt nach Angaben des Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienstes bei rund 200.000. Die meisten von ihnen sind nach dem Ende des Kommunismus aus Osteuropa zugewandert. Rund die Hälfte ist in Gemeinden des Zentralrats organisiert. Zur Union progressiver Juden (UdJ) zählen rund 5.000 Gläubige.

epd/evangelisch.de