Streit über China-Bild deutscher Medien

Streit über China-Bild deutscher Medien
Berichten deutsche Medien fair und angemessen über China? Auf der Frankfurter Buchmesse wurde über diese Frage leidenschaftlich debattiert.

Die Berichterstattung deutscher Medien über China hat auf der Frankfurter Buchmesse für Streit gesorgt. Seit Ende der 1990er Jahre habe sich die Berichterstattung zu Ungunsten Chinas verändert, sagte Prof. Thomas Heberer, Politikwissenschaftler und China-Kenner von der Universität Duisburg-Essen. Dadurch herrsche in der deutschen Öffentlichkeit der Eindruck vor, dass in China jede anderslautende Meinung sofort unterdrückt werde. "Das ist ein einseitiges Bild", sagte Heberer. Nach Ansicht des ehemaligen ARD-Korrespondenten in Peking, Stefan Niemann, berichten die deutschen Zeitungen, Magazine, Fernseh- und Radiosender hingegen nicht unfairer über das "Reich der Mitte" als über andere Länder.

"Die Fokussierung auf die Menschenrechtsfrage während der Olympischen Spiele in Peking war richtig", sagte Niemann in der Diskussion, zu der die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung eingeladen hatte. Vor allem im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen 2008 sowie den gewalttätigen Protesten wenige Monate zuvor in Tibet hatten sich deutsche und chinesische Medien gegenseitig einseitige Berichterstattung vorgeworfen. China ist dieses Jahr Ehrengast der Frankfurter Buchmesse.

Heberer kritisierte, durch eine einseitige und undifferenzierte Berichterstattung sei es zu einem Schulterschluss der Bevölkerung mit der Staatsführung gekommen. Die politische Elite habe dadurch an Legitimität gewonnen.

Sensationelle Ausnahmen

"Das Hauptproblem ist die starke thematische Selektivität", sagte der Kommunikationswissenschaftler Prof. Kai Hafez von der Universität Erfurt. Statt über die Tagespolitik berichteten die deutschen Medien vor allem über "sensationalisierte Ausnahmen". Er forderte die Korrespondenten in China dazu auf, stärker das Gespräch mit der Bevölkerung zu suchen. Stattdessen würden immer dieselben Experten, Menschenrechtler oder Dissidenten interviewt.

Niemann verteidigte seine Kollegen. "Für Korrespondenten ist es nicht leicht, geeignete Gesprächspartner zu finden", sagte er. So werden Chinesen, die sich mit ausländischen Journalisten treffen, oft mit Besuchen des Geheimdienstes eingeschüchtert. «Die chinesische Regierung wird unsere Berichterstattung nie gut finden», sagte Niemann.

Derzeit untersucht die Böll-Stiftung in einer Studie, ob die Berichterstattung über China im vergangenen Jahr tatsächlich zu einseitig war. Dafür analysierte die Forschungsgruppe, zu der auch Heberer und Hafez gehören, rund 9000 Artikel. Das Ergebnis soll Anfang des kommenden Jahres vorgestellt werden.

dpa