Filmkritik: "Das Schicksal ist ein mieser Verräter"

Foto: dpa/20th Century Fox
Filmkritik: "Das Schicksal ist ein mieser Verräter"
Vom Leben und Lieben Abschied nehmen: In Josh Boones gleichnamiger Verfilmung von John Greens Erfolgsroman "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" lernen sich zwei an Krebs erkrankte Jugendliche in einer Selbsthilfegruppe kennen.
11.06.2014
epd
Sascha Westphal

Gus liebt Metaphern. Und eine dieser Metaphern ist die Zigarette, die sich der 18-Jährige bei jeder sich bietenden Gelegenheit zwischen die Lippen steckt. Als die 16-jährige Hazel das zum ersten Mal miterlebt, kann sie es nicht fassen. Sie gerät regelrecht außer sich. Schließlich haben sie sich in einer Selbsthilfegruppe für an Krebs erkrankte Jugendliche kennengelernt. Hazel leidet seit drei Jahren an unheilbarem Schilddrüsenkrebs und verdankt ihr Leben allein einem experimentellen Medikament. Gus, der einmal ein erfolgreicher Sportler war, hat durch Knochenkrebs seinen rechten Unterschenkel und Fuß verloren.

Nur eins übersieht die von Shailene Woodley in "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" gespielte Hazel in ihrer Entrüstung. Gus (Ansel Elgort) steckt sich die todbringende Zigarette zwar in den Mund, aber er zündet sie nicht an. Für ihn ist sie ein Zeichen seiner Auseinandersetzung mit dem Tod. Er erkennt ihn an, gesteht ihm aber keine Macht über sein Leben zu. Genau das ist es auch, was diese beiden jugendlichen Rebellen wider Willen in Josh Boones Verfilmung von John Greens gleichnamigen Roman von Anfang an verbindet.

Der Tod ist in Hazels und Gus' Leben keine abstrakte Größe, sondern alltägliche Realität. Jeder Moment, in dem sie noch ein Buch lesen oder sich einen Film ansehen können, in dem sie zusammen sind und über das Leben philosophieren, ist dem Tod abgerungen. Deswegen liebt Hazel auch Peter van Houtens "Ein herrschaftliches Leiden" so sehr. Dieser Roman, der einfach mitten in einem Satz endet, spiegelt alles wieder, was sie empfindet. Irgendwann kommt er, der Tod. Aber ehe es soweit ist, sollte man einfach weiter sprechen und schreiben, leben und lieben.

Alles hat seine Zeit

In einigen Momenten verströmt Boones Melodram tatsächlich etwas von der rebellischen Energie, die Hazel und Gus immer wieder beschwören. Etwa wenn sich die beiden einfach weiter unterhalten, während im Hintergrund Gus' bester Freund Isaac (Nat Wolff), der gerade von seiner besten Freundin verlassen wurde, seiner Wut und seiner Enttäuschung freien Lauf lässt. Es gibt eben wirklich für alles eine Zeit - und so bleibt jedem Einzelnen nur, seiner eigenen inneren Uhr zu folgen. In dieser Szene findet Boone zu jener Natürlichkeit, die Shailene Woodleys und Ansel Elgorts Spiel in jedem Augenblick ausstrahlt. Für einen Augenblick vergisst man die dramatische Konstruktion und alle filmischen Konventionen, die Hazel übrigens gleich am Anfang als lebensfern geißelt.

Doch letztlich passiert genau das viel zu selten in Boones Adaption. Ihm fehlt nicht nur der Mut, den Film mitten in einem Satz oder in einer Szene enden zu lassen. Er verlässt sich auch ein bisschen zu sehr auf die typischen Bestandteile einer sich unangepasst gebenden Teenager-Geschichte.

Aber wahrscheinlich ist die von Hazel geforderte Rebellion im Rahmen eines Romans auch leichter als in der Kunstform Film. Zumindest hat Boone Shailene Woodley und Ansel Elgort so viel Freiraum gelassen, wie sie für ihre Figuren und deren gänzlich unsentimentale Liebesgeschichte brauchen.   

USA 2014, Regie: Josh Boone. Buch: Scott Neustadter, Michael H. Weber (nach einem Roman von John Green). Mi: Shailene Woodley, Ansel Elgort, Willem Dafoe, Laura Dern. Länge: 125 Min. FSK: ab 6 Jahre